Arbeitsmarkt

Zurück zum Kapitel

Berufliche Schulen sind Teil unseres international beispielgebenden dualen Ausbildungssystems und deshalb maßgeblich für die niedrigste Jugendarbeitslosigkeitsquote in der EU. Die duale Ausbildung ist in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft die Talentschmiede für unseren Arbeitsmarkt und eine der Grundlagen unseres Wohlstands. Betriebe, die nicht allein ausbilden wollen oder können, sollen unterstützt werden, wenn sie sich zu Ausbildungsverbünden zusammenschließen. Hierbei muss das Land vor allem als Koordinator initiativ werden.

Eine Ausbildungsplatzabgabe lehnen wir entschieden ab. Sie schafft keinen Ausbildungsplatz mehr, sondern belastet nur zusätzlich die mittelständische Wirtschaft. Neben der Ausbildung kommt der Weiterqualifizierung eine besondere Bedeutung zu. Hier müssen alle bereits vorhandenen Angebote erhalten bleiben und dem Bedarf entsprechend ausgebaut werden.

Um den vielen jugendlichen Flüchtlingen eine bessere Perspektive zu eröffnen, wollen wir die InteA-Klassen (Integration und Abschluss) bis zu einem Eintrittsalter von 25 Jahren öffnen. Wir setzen uns für die Weiterentwicklung der EIBE- und Schub-Klassen ein und unterstützen auch das besondere Angebot der Produktionsschulen, um wirklich jedem jungen Menschen die Chance auf einen Ausbildungs- und Arbeitsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen.

Gleiche Chancen für Frauen sind zwingend und überfällig

Die Erwerbstätigkeit von Frauen ist für uns Selbstverständlichkeit, nicht zuletzt da die finanzielle Unabhängigkeit der Schlüssel zu echter Gleichstellung ist. Wir müssen feststellen, dass Frauen zwar vollen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, jedoch in Führungspositionen als auch in bestimmten, besser bezahlten Berufsgruppen noch immer unterrepräsentiert sind. Verstärkt wird dieser Effekt dadurch, dass Frauen immer noch den überwiegenden Anteil an familiären und Pflegepflichten übernehmen. Sie arbeiten daher auch häufiger in Teilzeit und üben im Gegensatz zu Männern vermehrt Berufe im Niedriglohnsektor aus. Wenn Frauen weniger arbeiten, ein geringeres Einkommen haben sowie ihre Erwerbstätigkeit häufiger unterbrechen als Männer, besteht für sie in der Konsequenz ein größeres Risiko für Altersarmut.

Es geht aber um mehr als nur um Zahlen – wir sind in der Verantwortung, die Bedingungen so zu setzen, dass bei den Veränderungsprozessen von Gesellschaftsstrukturen und Rollenzuschreibungen immer die Freiheit der Menschen, ihre privaten Lebensentwürfe selbst zu gestalten, gewahrt bleiben muss. Ein kulturelles Umdenken ist überfällig, um erwerbsfreie Zeiten für die Familie und Kinder nicht als „Karrierepause“ zu interpretieren, sondern im Gegenteil als aktive Erfahrungszeit, aus der anschließend sehr viel auch wieder in die berufliche Erwerbstätigkeit eingebracht werden kann (Resilienz, Organisationsfähigkeit, körperliche Belastungsfähigkeit, Koordination etc.).

An dieser Stelle möchten wir ansetzen, um die wirtschaftlichen Chancen für Frauen zu verbessern. Frauen sollen wie auch Männer durch eigene Leistung vorankommen können. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und vor allem der flächendeckende Ausbau von Kinderbetreuung in Hessen ist für uns zentrale Voraussetzung, die die Erwerbstätigkeit von Eltern ermöglicht. Diese verbesserten Rahmenbedingungen ermöglichen nicht nur Frauen die Erwerbstätigkeit, sondern auch Vätern die Übernahme von Familienarbeit. 

Wir Freie Demokraten sind Anhänger leistungsorientierter und nicht präsenzorientierter Vergütung. Als Partei der Leistungsgerechtigkeit ist es für uns inakzeptabel, dass bei gleicher Qualifikation, bei gleicher Arbeit und bei gleicher Biografie es aktuell noch immer einen Gehaltsunterschied von sechs Prozent gibt. Wir fordern gleiche Bezahlung für gleiche Leistung. Wir unterstützen alle Impulse und Anstrengungen, um Verhandlungsstärke von Frauen in Bezug auf das Gehalt zu verbessern. Hierzu gehört auch, dass von Arbeitgeberseite transparent gemacht wird, in welchem Bereich sich das Gehalt für eine Stelle bewegt und auf welchen Kriterien eine Einstufung fußt.

Wir Freie Demokraten fordern neben der Schaffung flexibler Arbeitszeitmodelle eine neue Präsenz- und Transparenzkultur, in der Arbeitsleistung statt Arbeitszeit belohnt wird. Wir setzen uns für die Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes mit dem Ziel ein, dass die Arbeitszeit im Verlauf eines Arbeitstages für Familienzeiten unterbrochen werden kann. Die Möglichkeit, einen Teil der Arbeit im Home-Office zu leisten, soll in großen wie in kleinen Unternehmen zu einer Selbstverständlichkeit werden und ist in den Rahmentarifverträgen durch die Tarifvertragsparteien zu verankern. Eltern sollen – wie alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – die Möglichkeit erhalten, die Zahl ihrer Erholungsurlaubstage über den gesetzlichen bzw. tariflichen Anspruch hinaus mit ihren Arbeitgebern frei auszuhandeln. Dadurch können Eltern die Betreuung ihrer Kinder während der Schulferien leichter sicherstellen. 

Nach oben

Ganzheitliches Diversity Management

Die Freien Demokraten befürworten ein ganzheitliches Diversity Management in der Arbeitswelt – nicht nur bei Führungspositionen, sondern in der Breite beruflicher Funktionen. Es entspricht dem liberalen Verständnis des verantwortlichen Unternehmertums und steigert so die Akzeptanz der Sozialen Marktwirtschaft. Aufgabe des Staates ist es nicht, Diversity Management über Regulierung zu verordnen. Vielmehr geht es um politische Moderation und um die Rolle des Staates als Arbeitgeber im öffentlichen Dienst. Wirtschaft, sozialer und öffentlicher Sektor sollen über Instrumente und den wirtschaftlichen Nutzen ganzheitlichen Diversity Managements informiert werden. Best-Practice-Dialoge zu initiieren und zu unterstützen, ist vor allem Aufgabe des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen (HMWEVW) und des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration (HMSI). Die Entwicklung einfacher und kostengünstiger Diversity-Konzepte für den Mittelstand soll gefördert werden. Wir wollen, dass das Thema „Vielfalt in der Arbeitswelt“ im Blick auf moderne Unternehmenskultur in der beruflichen Bildung verankert wird und dass im Fortbildungswesen der Wirtschaft Schulungsangebote aufgenommen werden.

Wir werden dafür werben, dass weitere hessische Unternehmen die Charta der Vielfalt unterzeichnen und auf diese Weise Verschiedenheit bzw. Vielfalt als Potenzial anerkennen.

Nach oben

Der öffentliche Dienst muss vorangehen

Wir Freie Demokraten erwarten vom öffentlichen Dienst als Arbeitgeber eine besondere Anstrengung, gleichberechtigtes Arbeiten von Frauen und Männern zu ermöglichen und ganzheitliches Diversity Management umzusetzen. Die Anforderungen, die die öffentliche Hand an private Unternehmen stellt, muss sie zunächst an sich stellen und auch vorbildhaft erfüllen. Der öffentliche Dienst muss daher mit gutem Beispiel vorangehen. Strukturen der Frauen- und Behindertenbeauftragten sollten in einen breiteren Ansatz von ganzheitlichem Diversity Management umgestaltet werden. Dabei ist es weiterhin erforderlich, alle Dimensionen von Vielfalt auch gesondert anzusprechen. Eine Flexibilisierung der Arbeitszeit, ganzheitliches Diversity Management auf allen Ebenen, eine gleichberechtigte Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen und Jobsharing auf Leitungsebenen müssen durchgängig in der Verwaltung umgesetzt werden. Hierfür müssen die Gleichstellungsberichte regelmäßig und nach einheitlichen Kriterien verfasst und veröffentlicht werden. Insbesondere im Hinblick auf die Landesministerien ist dies noch nicht gegeben.

Wir möchten, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, die in Teilzeit arbeiten, nicht auf das „Abstellgleis“ gestellt werden. Deshalb möchten wir, dass die Vorgesetzten ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig auf die Möglichkeit, den Stundenanteil zu erhöhen, hinweisen. Wenn Vollzeitstellen in Teilzeit vergeben werden, muss die Arbeitsmenge entsprechend angepasst werden. Der Arbeitgeber soll eine weitere Teilzeitstelle zur Übernahme der restlichen Aufgaben ausschreiben, da diese Aufgaben in der Regel nicht verschwinden. Ist dies aus organisatorischen Gründen nicht möglich, soll der Teilzeitstelle alternativ Unterstützung durch eine Assistenz o. Ä. angeboten werden.

Nach oben