Einführung eines islamischen Religionsunterrichtes in Hessen I
Die Absicht des Hessischen Integrationsministers sowie der Hessischen Kultusministerin zügig an den Schulen des Landes Hessen islamischen Religionsunterricht nach Art. 7 Abs.3 Grundgesetz anzubieten wird ausdrücklich begrüßt.
Wir sehen darin nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung des Verfassungsgebots der Gleichbehandlung der Religionen und der religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen, sondern auch einen möglicherweise wichtigen Beitrag zu einer verbesserten Integration Zehntausender muslimischer Schülerinnen und Schüler in Hessen. Denn Integration kann nur auf der Grundlage von Gleichberechtigung gedeihen, da nur diese geeignet ist, den notwendigen Respekt für einander auszudrücken. Daraus kann dann auch die für das Überleben unserer zwischenzeitzeitlich zunehmend multikulturell und multireligiös geprägten demokratisch verfassten Gesellschaft notwendige religiöse, weltanschauliche und kulturelle Toleranz erwachsen.
Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass die Einführung Islamischen Religionsunterrichts mit erheblichen rechtlichen und tatsächlichen Problemen verbunden ist, die wesentlich in den religiösen und politischen Strukturen des Islam und dessen Bewertung liegen. Schritte zu einem Islamischen Religionsunterrecht setzen daher nicht nur eine schulrechtliche Prüfung eines solchen Schrittes im Hinblick auf das Grundgesetz voraus, sondern bedürfen auch ansonsten einer verfassungsrechtlichen Absicherung und einer Überprüfung auf ihre rechtspolitische Sinnhaftigkeit.
In diesem Zusammenhang sind insbesondere folgende Überlegungen miteinzubeziehen:
- Mit der Einführung eines Islamischen Religionsunterrichts sollte zeitgleich ein landesweiter und flächendeckender „Ethik-Werte-Religionskunde“-Unterricht alternativ zu dem bekenntnisorientierten Religionsunterricht mit den notwendigen inhaltlichen, sachlichen und personellen Voraussetzungen geschaffen werden.
Das Grundgesetz legt durch die Art. 4 Abs.1, Abs.3, Art.33 Abs.3 sowie durch Art. 140 i.V.m. Art. 136 Abs.1 und 4, Art. 137 Abs.1 WRV dem Staat eine weltanschaulich-religiöse Neutralität auf, woraus sich ein entsprechender Anspruch insoweit ableiten lässt. - Die Einrichtung des Rundes Tisches vor und begleitend während der Einführung eines Islamischen Religionsunterrichts sollte nicht nur zu einer engen Abstimmung mit Vertretern islamischer Verbände und Organisationen führen, sondern auch Persönlichkeiten und Organisationen aus islamischen Herkunftsländern, die diesem Projekt kritisch gegenüberstehen (bspw. ISL), die Möglichkeit eröffnen, an den Beratungen teilzunehmen.
Auch wenn eine möglichst breite Übereinkunft zwischen dem Land Hessen und der organisierten islamischen Öffentlichkeit anzustreben ist, sollte dennoch keiner Gruppierung ein vetoähnliches Recht zugestanden werden. - Es wird zu prüfen sein, ob ein Festhalten an bestimmten rechtlichen Konstruktionen als Voraussetzung für die Trägerschaft als Religionsgemeinschaft festgehalten werden kann und sollte oder ob man organisationsrechtlich unterschwelligere Zusammenschlüsse als ausreichend für eine Anerkennung ansieht.
Dies gilt insbesondere für die Frage, ob z.B. die Anerkennung einer islamischen Religionsgemeinschaft als öffentlich-rechtliche Körperschaft unabdingbare Voraussetzung für eine solche Trägerschaft zu fordern ist. - Gegen die vorübergehende Einführung eines (landesweiten) Islamkunde-Unterrichts bis zur flächendeckenden Einführung eines bekenntnisgemäßen Islamischen Religionsunterrichts bestehen keine grundlegende Bedenken, sofern das Bemühen des Staates erkennbar ist, die Voraussetzungen für die Einführung eines solchen bekenntnisgemäßen Unterrichts zielorientiert herbeizuführen.
- Die Einführung eines islamischen Religionsunterrichts setzt unabdingbar voraus, dass die dauerhafte Versorgung der Schulen mit hochqualifizierten Lehrerinnen und Lehrer gewährleistet sein muss.
Dies setzt nicht nur die Errichtung mindestens eines Lehrstuhls für islamische Religionspädagogik an einer der Hochschulen des Landes und eines entsprechenden Studienganges voraus.
Dabei sollte unstrittig sein, dass die Unterrichtserteilung durch qualifizierte Lehrkräfte auf Grundlage eines deutschen Lehramtsstudiums in deutscher Sprache erfolgen sollte. Für die Einstellung der Lehrerinnen und Lehrer dürfen keine anderen Voraussetzungen und Kriterien gelten als für andere religionspädagogische Fachkräfte. - Es sollte des Weiteren zügig, aber nicht überstürzt, mit der Erarbeitung von Lehrplänen (Rahmenplänen) für Islamischen Religionsunterricht begonnen werden und dabei bereits vorhandene auf ihre Übertragbarkeit auf die hessischen Verhältnisse einer kritischen Würdigung unterzogen werden.