Gemeinsamer Beschluss der Präsidien der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) und der Freien Demokraten Hessen
Staatsmodernisierung
- Wir benötigen einen starken, aber schlanken Staat, der seinen Aufgaben bestmöglich nachkommt, Chancengleichheit schafft und seinen Bürgerinnen und Bürgern ein selbstbestimmtes Leben garantiert. Dafür muss sich der Staat auf seine Kernaufgaben konzentrieren. Die Bereitstellung von Infrastruktur zum Beispiel: Trotz jährlicher Rekord-Steuereinnahmen ist die Investitionsquote des Landes Hessen zu niedrig. Mit den Einnahmen aus dem Verkauf von nicht notwendigen Unternehmensbeteiligungen des Landes Hessen könnten mehr Mittel in die Infrastruktur fließen.
- Nicht nur fehlende finanzielle Mittel, auch langsame Genehmigungsverfahren hindern uns, das volle Potential unseres Landes zu nutzen. Laut Institut der deutschen Wirtschaft (IW) sehen sich bereits heute vier von fünf Unternehmen durch Infrastrukturmängel in ihrer Geschäftstätigkeit beeinträchtigt. Die zügige Errichtung von LNG-Terminals kann und muss Vorbild für die Beschleunigung von Infrastrukturprojekten sein. Durch Standardisierungen, Digitalisierung oder den weitestgehenden Verzicht auf Umweltverträglichkeitsprüfungen bei Ersatzneubauten können beispielsweise Straßen, Schienen oder Strom- und Glasfaserleitungen viel schneller neu gebaut, erweitert oder modernisiert werden.
- Jeder wünscht sich eine effiziente und leistungsstarke Verwaltung. Daher wollen wir die großen Chancen der Digitalisierung und der Automatisierung auch in den Behörden in Hessen nutzen. Dies gilt vor allem für das E-Government und eine moderne Arbeitsorganisation. Dafür müssen auch Bund, Land und Kommunen bedarfsgerecht ausbilden und die Fort- und Weiterbildungsangebote kontinuierlich verbessern.
- Hessen braucht stets ein zeitgemäßes Beamtenrecht. Die Besoldung muss verfassungsgemäß erfolgen.
- Unter Beibehaltung der föderalen Struktur kann eine länderübergreifende Behördenkooperation grundsätzlich zweckmäßig sein. Einen ersten Schritt dazu könnte die Reform der Landesämter für Verfassungsschutz darstellen, indem Spezialzuständigkeiten zugewiesen werden.
- Das Land sollte die Kommunen in Hessen bei der interkommunalen Zusammenarbeit sowie bei Gemeindefusionen weiter beratend und ermutigend unterstützen.
Arbeitsrecht
- Die Praxis in den allermeisten Betrieben in Deutschland ist: Arbeitnehmer und Arbeitgeber gehen fair miteinander um. Dieser Grundsatz und das gegenseitige Vertrauen müssen in der Gesetzgebung erhalten werden. Ein modernes Arbeitszeitgesetz muss alle Möglichkeiten bieten, Familie und Beruf flexibel miteinander zu verbinden.
- Die Pflicht der elektronischen Arbeitszeiterfassung war aus unserer Sicht nicht notwendig. Mit dem EuGH- und dem Bundesarbeitsgerichtsurteil bleibt daher die Devise, dass bei Zeiterfassungen übermäßige bürokratische Belastungen vermieden werden müssen. Die Flexibilität muss erhalten bleiben, d.h., dass z.B. die Vorteile, die das Homeoffice mit sich bringt, nicht durch die Art der Zeiterfassung verloren gehen. Bei Aufzeichnungspflichten muss die Selbstaufzeichnung und damit im Grundsatz die Vertrauensarbeitszeit weiter ermöglicht werden.
- Das Arbeitszeitgesetz wird vielen Arbeitnehmern nicht gerecht. Statt einer täglichen Höchstarbeitszeit bedarf es einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit. Eine flexiblere Arbeitszeitreglung kann die Vereinbarkeit von Familie und Beruf deutlich verbessern.
- Grundsätzlich ist der Arbeitskampf ein Grundrecht. Es ist legitim, sich für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne einzusetzen. Die Mittel müssen aber immer verhältnismäßig bleiben. Die derzeitige Ungleichheit der Mittel im Arbeitskampf ist nicht akzeptabel. Es ist nicht Sache der Politik, sich in laufende Tarifverhandlungen einzumischen. Klar ist auch, dass Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger durch endlose Tarifkonflikte nicht massiv beeinträchtigt werden sollten.
Integration
- Deutschland ist ein Einwanderungsland. Wir müssen aber noch attraktiver für qualifizierte Fachkräfte werden, da wir vor großen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen stehen. Der demografische Wandel verschärft den Fachkräftemangel zusehends. Dabei ist allen klar, dass unser Potential an heimischen Arbeitskräften gegenwärtig nicht ausreichen wird. Der Zuwanderungsbedarf in den deutschen Arbeitsmarkt liegt aktuell bei über 400.000 Arbeitskräften im Jahr, mit steigender Tendenz. Für die Sicherung unseres Wohlstandes, für die Erhaltung unserer Strukturen, aber insbesondere auch für die Gestaltung der digitalen Transformation benötigen wir viele kluge Köpfe.
- Die Reform des Einwanderungsrechts ist daher ein wichtiges Vorhaben. Die Politik muss dabei Realitäten anerkennen und darf nicht ideologisch vorgehen. Es muss einen Unterschied machen, ob sich Geduldete in Deutschland um Arbeit, Sprachkenntnisse und Integration bemühen oder nicht. Auch arbeitsmarktnahe Asylbewerber sollen einen verbesserten Zugang zur Sprachförderung des Bundes erhalten. Das Einwanderungsrecht muss sich aber vor allem am realen Arbeitskräftebedarf orientieren, bürokratische Hürden abbauen und gesteuerte Einwanderung in den Arbeitsmarkt nach deutschen Interessen ermöglichen.
- Durch die Einführung einer Chancenkarte auf Basis eines Punktesystems soll Arbeitskräften zur Jobsuche künftig der gesteuerte Zugang zu unserem Arbeitsmarkt ermöglicht werden. Parallel muss in den deutschen Auslandsvertretungen die Visavergabe beschleunigt und verstärkt digitalisiert werden.
- Besondere Priorität haben für uns auch der Abbau von Hürden bei der Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen aus dem Ausland sowie die weitere Ausweitung der Blue Card im nationalen Recht auf nichtakademische Berufe.
- Integration müssen wir fordern und fördern. Sprache ist dabei der Schlüssel für eine gelungene Integration. Die Deutschförderung für Fachkräfte und ihre Familien muss deshalb weiter ausgebaut werden. Parallel wollen wir Englisch neben Deutsch als zusätzliche Verwaltungssprache in Behörden etablieren, um Behördengänge zu erleichtern.
Sozialstaat
- Deutschland gehört bei Steuern und Sozialabgaben bereits jetzt zur Weltspitze. Aufgrund des demografischen Wandels werden die Sozialbeiträge in Zukunft weiter steigen. Um die Balance zwischen Privat und Staat zu wahren, braucht es Reformen, um die Sozialsysteme fit für die Zukunft zu machen.
- Es bedarf zudem gezielter Entlastung insbesondere für kleinere und mittlere Einkommen. Auch unsere Unternehmen sollten wir zielgerichtet entlasten, um Investitionen zu steigern und die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Eine vorausschauende Wirtschaftspolitik ist die beste Sozialpolitik.
- Um die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes zu erhalten und die Belastung der Arbeitnehmer zu stabilisieren, sollte die Abgabenquote dauerhaft nicht über 40 Prozent steigen. Die Ausgaben für Soziales sollten im Bundeshaushalt höchstens 50 Prozent ausmachen. Eine solide und investitionsorientierte Haushaltspolitik setzt dabei auf die Einhaltung der Schuldenbremse.
- Die Schuldenbremse des Bundeshaushalts darf nicht mehr durch die Verlagerung von Sozialleistungen in die Versicherungen umgangen werden. Das System der Umlagefinanzierung muss wieder konsequent umgesetzt werden, um die nachhaltige Finanzierung der Sozialversicherungen zu gewährleisten.