Hessischer Innenminister seit Jahren in der Kritik – Aktuelle Debatte um Vorfälle in der Polizei
Seit Amtsantritt 2014 steht Innenminister Beuth regelmäßig in der Kritik und sorgt mit seiner mangelnden Aufklärungs- und Informationsbereitschaft dafür, dass immer wieder auch das Vertrauen in die hessische Polizei aufs Spiel gesetzt wird. Nur beispielhaft genannt seien die Einführung der Analysesoftware Palantir, ohne geregeltes Ausschreibungsverfahren, sein Umgang mit den Drohbriefen im Rahmen des „NSU2.0-Komplexes“ sowie mit den „Chatgruppen mit rechten Inhalten“ innerhalb der hessischen Polizei. Zusätzlich werden ihm und den Sicherheitsbehörden insbesondere im Rahmen des Mordes an Dr. Walter Lübcke und der Mordnacht von Hanau auch erhebliche Versäumnisse zum Beispiel im Hinblick auf die fehlende Notrufweiterleitung vorgeworfen. Zuletzt haben die im Rahmen einer Kinderporno-Ermittlung aufgedeckten sieben „Chatgruppen mit rechten Inhalten“ in deren Kern 36 Beamte des SEK Frankfurt und weitere 14 aktive Polizeibeamte aus acht Polizeibehörden des Landes Hessen beteiligt waren, zu heftiger öffentlicher Kritik geführt. Auch dabei hat die Kommunikation des Innenministers dem Ansehen der Polizei geschadet, weil wieder nur scheibchenweise Informationen an die Öffentlichkeit gekommen sind.
Auch die Personalpolitik des Innenministers wirft immer wieder Fragen auf. So musste Landespolizeipräsident Münch zurücktreten, nachdem der Innenminister die Präsidentin des Hessischen Landeskriminalamtes (LKA), Sabine Thurau, zu Unrecht bezichtigt hatte, relevante Informationen nicht weitergegeben zu haben. In der Folge will er jetzt auch die Führung des LKA mit einem politischen Beamten besetzen und somit weitere Abhängigkeiten innerhalb der Führungsspitze der hessischen Polizei schaffen. Wegen des Mordes an Dr. Walter Lübcke und der damit zusammenhängenden Rolle des Verfassungsschutzes und der Polizeibehörden sowie zur Aufklärung der offenen Fragen zur Mordnacht in Hanau gibt es in dieser Legislaturperiode bereits zwei Untersuchungsausschüsse im Hessischen Landtag.
Angesichts der aktuellen Debatte um Vorfälle bei der hessischen Polizei beschließt der Landesvorstand der Freien Demokraten in Hessen:
- „Chatgruppen mit rechtsextremen Inhalten“ bei der Polizei umfassend aufklären
Rechtsradikale Positionen haben in unserer offenen Gesellschaft und damit erst recht in den Reihen der Polizei keinen Platz und werden von den Freien Demokraten scharf verurteilt. Die Polizei besitzt in unserem Rechtsstaat das Gewaltmonopol, sodass an die Beamten besondere Ansprüche im Hinblick auf die Akzeptanz und das Einstehen für gesellschaftliche Werte und die freiheitlich demokratische Grundordnung zu stellen sind. Die Gesellschaft hat einen Anspruch darauf, dass die Polizei frei von rechtsradikalem Gedankengut ist. Das gilt selbstverständlich auch für alle Extremismusbereiche. Der Skandal um sog. „Chatgruppen mit rechtsextremen Inhalten“ innerhalb der hessischen Polizei hat die Öffentlichkeit, aber gerade auch die Polizei selbst tief erschüttert. Die in Rede stehenden Sachverhalte müssen daher umfassend und schnell aufgeklärt werden und ein mögliches Fehlverhalten der betroffenen Polizeibeamten disziplinarrechtlich und ggfs. auch strafrechtlich geahndet werden. Im Rahmen der Aufklärung dieser Skandale stellen die Freien Demokraten aber fest, dass nur ein sehr geringer Bruchteil der hessischen Beamten an solchen Handlungen beteiligt war, während der absolute Großteil der Polizisten unbeteiligt ist und hervorragende Arbeit für unseren Rechtsstaat leistet. - Besondere Bedeutung von Sondereinsatzkommandos der Polizei (SEK´s)
Die Debatte um das SEK Frankfurt darf nicht dazu führen, dass die besondere Bedeutung der Sondereinsatzkommandos für die gesamte Polizeiorganisation und deren Leistungen in den vergangenen Jahren in Frage gestellt werden. Im Zuge der Neustrukturierung des SEK Frankfurt muss sichergestellt werden, dass die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger weiterhin jederzeit gewährleistet ist. Das SEK Frankfurt ist folglich schnellstmöglich unter Beachtung aller notwendigen Sorgfaltsmaßnahmen neu aufzubauen. Dabei gilt es auch eine Führungskultur zu entwickeln, die die besonderen Anforderungen an den Zusammenhalt und das gegenseitige Vertrauen fördert, ohne dass sich diese besonders wichtige Gruppe innerhalb der Polizei erneut zu einer abgeschotteten Einheit entwickelt. - Moderne Führungs- und Fehlerkultur
Eine weitere Konsequenz aus dem SEK-Skandal ist eine Veränderung der Führungs- und Fehlerkultur. In der hessischen Polizei und gerade auch im Bereich der Sondereinsatzkommandos sind eine offene Fehlerkultur sowie eine moderne Führungskultur zu implementieren, die die Integrität der Polizei gewährleisten und stärken. Fehlverhalten muss umgehend angesprochen, Fehler analysiert und entsprechende Lehren und Konsequenzen daraus gezogen werden. Es bedarf einer Kultur des Hinsehens. Die mangelnde Führungs- und Fehlerkultur im ehemaligen SEK, wo auch Führungskräfte in den Chatgruppen beteiligt waren und nicht eingegriffen haben, aber auch in anderen Bereichen der hessischen Polizei muss schnell verändert werden. - Aus- und Fortbildung gewährleisten
Eine neue Führungs- und Fehlerkultur kann nur durch eine gute Aus- und Fortbildung erreicht werden. Leider scheitert die Teilnahme an Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen häufig am engen Dienstplan oder zusätzlichen Einsätzen. Deswegen ist insbesondere durch eine entsprechende Personalplanung zu gewährleisten, dass den Beamten die Teilnahme an Fort- und Weiterbildungen ermöglicht wird und der damit verbundene Zeitaufwand in die Dienstpläne integriert wird. Die Aus- und Fortbildung muss aber auch darüber hinaus sicherstellen, dass die Polizei in Hessen über bestmögliche Voraussetzungen für ihren professionellen Einsatz verfügt. Dazu gehört auch ein jährliches Einsatztraining für jeden aktiven Beamten. - Professionelle Betreuung der Polizeibeamten
Einsätze, insbesondere auch im Bereich der SEK´s, aber auch beispielsweise im Rahmen der Ausschreitungen auf dem Opernplatz oder im Rahmen des Einsatzes im Dannenröder Forst führen zu einer besonderen Beanspruchung. Die Beamten setzen dabei regelmäßig ihr eigenes Wohl für den Rechtsstaat aufs Spiel. Nach solch Einsätzen bedarf es einer entsprechenden Aufarbeitung mit den beteiligten Beamten. Der Staat muss dafür Sorge tragen, dass seine Beamten, die besonderen Anforderungen ausgesetzt sind, bestmöglich medizinisch und auch psychologisch betreut werden. Es muss daher gewährleistet werden, dass ein niederschwelliges Angebot auch für eine regelmäßige psychologische Betreuung vorhanden ist. - Sachliche Ausstattung und Digitalisierung
Die Polizei in Hessen muss materiell bestmöglich ausgestattet sein. Im Rahmen einer Digitalisierungsoffensive innerhalb der hessischen Polizei ist sicherzustellen, dass die Polizei in der Lage ist, mit den allgemeinen Digitalisierungsentwicklungen Schritt zu halten. Darüber hinaus gewährleistet eine optimale Ausstattung der Polizei deren Sicherheit im Einsatz und ist damit auch für die Attraktivität des Polizeidienstes ein wesentlicher Baustein. Ein moderner Arbeitsplatz und eine am Sicherheitsbedürfnis der Beamten orientierte Ausstattung ist wichtig, um den Polizeiberuf attraktiv zu halten und damit auch für die Gewinnung des Polizeinachwuchses. - Personelle Ausstattung weiter verbessern
Gerade im personellen Bereich muss die hessische Polizei so aufgestellt sein, dass sie ihren vielfältigen und herausfordernden Aufgaben nachkommen kann. Trotz zusätzlicher Stellen im Bereich der Polizei leisten hessische Polizeibeamte jedes Jahr eine erhebliche Anzahl von Überstunden. Inzwischen haben sich 3,2 Millionen Überstunden bei der hessischen Polizei angesammelt. Dazu kommen bis heute bereits rund 4,37 Mio. Stunden, die Polizeibeamte auf ihren Lebensarbeitszeitkonten angesammelt haben. Diese immense Arbeitsbelastung führt dazu, dass die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf häufig nicht gewährleistet ist und damit auch die Attraktivität des Berufsbildes des Polizeibeamten darunter leidet. Deswegen sind weitere Anstrengungen zu unternehmen, um die Zahl der Polizeibeamten in Hessen weiter zu erhöhen. Um die Arbeit ei der Polizei interessant zu halten, muss zusätzlich aber auch die finanzielle Attraktivität gewährleistet sein. Daher fordern wir, dass die Dienstbezüge inklusive der Polizeizulage auf das Ruhegehalt angerechnet werden. Auch die Beförderungschancen im Rahmen der zweigeteilten Laufbahn sind weiter zu verbessern. - Die Polizei hat unser Vertrauen verdient
Ziel der Freien Demokraten ist es, das Vertrauen der Bürger in die Polizei nach den Diskussionen der vergangenen Monate und Jahre wieder zu stärken. Dazu gehört zuallererst eine offene und transparente Informationspolitik der Sicherheitsbehörden und insbesondere des Innenministeriums. Die Polizei ist täglich für die Sicherheit in unserem Rechtsstaat im Einsatz und die Beamten gefährden dafür immer wieder auch ihr eigenes Wohl. Dafür hat die Polizei unseren Respekt, unsere Anerkennung und auch unser Vertrauen verdient!