Reform des Rentensystems vorantreiben – dauerhaft tragfähige Altersversorgung sicherstellen – Rentenkasse dem Zugriff der Politik entziehen
Die Schaffung einer stabilen und sicheren Altersversorgung ist eine der zentralsten Aufgaben der Politik überhaupt. Ein mangelhaftes Altersversorgungssystem gefährdet die Grundfesten einer Gesellschaft und damit ihren Zusammenhalt.
Trotzdem oder gerade deswegen war und ist das System der Altersversorgung immer Spielball politischer Interessen gewesen. Mehr als einmal musste die aus gemeinsamen Beiträgen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gespeiste Rentenkasse für Klientelpolitik herhalten; jüngstes Beispiele ist die sog. „Mütterrente“, die erst nach einer Übergangszeit aus Steuermitteln finanziert werden soll, obwohl es sich um eine klassische versicherungsfremde Leistung handelt und die Verschiebung einer an sich fälligen Beitragssenkung.
Der durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zum rentenversicherungsrechtlichen Status von Syndikusanwälten ausgelöste Aufruhr zeigt deutlich, dass jedenfalls dort, wo Alternativen zur gesetzlichen Rentenversicherung bestehen, erhebliche Zweifel an der dauerhaften Tragfähigkeit des bestehenden Systems bestehen. Das 1957 errichtete System der Umlagefinanzierung, aus damaliger Sicht sicherlich nachvollziehbar, stößt auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung an seine Grenzen. Ständige Reformschritte sprechen eine deutliche Sprache und zeugen nicht von einem sonderlichen Vertrauen in die Stabilität. Entgegen Adenauer bekommen die Leute eben nicht immer Kinder.
Daher fordert die FDP eine grundsätzliche und umfassende Reform des deutschen Rentenversicherungssystems. Mit der bestehenden Forderung nach einem flexiblen Renteneintrittsalter ist ein erster Schritt getan. Dabei bleibt es aber nicht stehen.
Ein umfassend reformiertes Rentenversicherungssystem hat dabei aus Sicht der FDP insbesondere
folgende Aspekte in Betracht zu ziehen:
- Straff geführte, klar strukturierte und mit geringen Verwaltungskosten operierende Systeme wie die meisten Versorgungswerke der freien Berufe haben sich auch in den letzten Krisenjahren als verlässliche Einrichtungen für eine sichere Altersversorgung erwiesen. Diese Systeme sollten für die Angehörigen der entsprechenden Berufe in Absprache mit den Beteiligten weiter geöffnet werden, damit nicht bei jedem Arbeitsplatzwechsel, z.B.
zwischen Anwaltskanzlei, Unternehmen und Verband, die Frage des anwendbaren Versorgungssystems neu zu stellen ist. Dies beschränkt die Freiheit der Betroffenen erheblich; überdies entsprechen solche Veränderungen durchaus der Lebenswirklichkeit der betroffenen Menschen. Dabei ist überdies die europäische Perspektive in den Blick zu nehmen. Auch Arbeitsplatzwechsel zwischen Mitgliedsstaaten der europäischen Union sind erfreulicher Alltag. Dies muss auch in der Altersversorgung abgebildet werden können. Gemeinsame europäische Versorgungswerke sollten durchaus als Option in Betracht gezogen werden. - Hinsichtlich der bestehenden allgemeinen Rentenversicherungspflicht sollten zumindest für Berufsanfänger Öffnungsklauseln in Betracht gezogen werden, die statt einer Zwangsmitgliedschaft im gesetzlichen Rentenversicherungssystem Wahloptionen auch für kapitalgedeckte Versorgungssysteme eröffnen. Dazu sollten Versorgungseinrichtungen nach dem Vorbild der Versorgungssysteme der freien Berufe eingerichtet werden können. Auch das Rentenversicherungssystem der Republik Chile mag hier Anregungen geben.
- Auch ein vollständiger Systemwechsel hin zu einem reinen Kapitaldeckungsverfahren sollte dabei zumindest langfristig in Betracht gezogen werden. Die FDP ist überzeugt davon, dass derartige vernünftig strukturierte kapitalgedeckte Systeme langfristig stabiler sein werden als ständigen Einflüssen der Politik unterworfene Umlagesysteme.
- Selbstverständlich sind auch kapitalgedeckte Systeme nicht frei von Risiken. Durch klare und verbindliche Regelungen und eine kompetente Aufsicht sind diese jedoch aus Sicht der FDP zu beherrschen. Die selbstverwalteten Versorgungswerke der freien Berufe haben bewiesen, dass diese Systeme funktionieren.
- Für die FDP ist selbstverständlich, dass eine sichere Altersversorgung gerade für diejenigen lebensnotwendig ist, die keine oder nur geringe Beiträge zu einer Altersversorgung, sei sie kapitalgeckt oder nicht, leisten können. In Fortentwicklung des Liberalen Bürgergeldes sollte die FDP daherein liberales Bürgergeld für Senioren zur Sicherstellung eines würdigen Lebens im Alter in Betracht ziehen.
- In Richtung der heutigen Rentner und Beitragszahler steht die FDP dafür ein, dass auch im Falle eines etwaigen Systemwechsels erworbene Ansprüche in keinem Fall relativiert oder gar in Frage gestellt werden dürfen. Um dies zu gewährleisten, bedarf es einer gemeinsamen Anstrengung aller und damit auch derjenigen, die in kapitalgedeckte Systeme wechseln oder neu in diese einsteigen. Insgesamt ist dies aber – bereits heute – eine
Aufgabe der Allgemeinheit und damit letztlich des Steuerzahlers. Hierüber bedarf es einer klaren, die Interessen aller Betroffener und Beteiligter berücksichtigenden seriösen und dauerhaften Lösung. Dies setzt auch eine besonders sorgfältige Ermittlung der Rahmendaten voraus.