Selbstbestimmte Teilhabe im Alter – eine nachhaltige Alters-vorsorge braucht eine starke betriebliche Säule
Chancen und Herausforderungen der Altersvorsorge
Die Menschen in Deutschland werden immer älter, fitter und fühlen sich länger jung. Laut Prognose des Statistischen Bundesamtes werden im Jahr 2050 über 65.000 Menschen die Altersgrenze von 100 Jahren überschritten haben. Im Durchschnitt gewinnen Frauen zwischen heute und 2050 bis zu 30 Lebensjahre hinzu, Männer immerhin noch 25 Jahre. Fakten, über die wir uns freuen.
Gleichzeitig müssen wir erkennen, dass der demografische Wandel ein immer wichtigerer Einflussfaktor für das Sozialversicherungssystem in Deutschland geworden ist. Wir werden nicht nur älter, sondern auch weniger. Buntere Erwerbsbiografien, veränderte Familienstrukturen und internationale Lebensläufe sind heute natürliche Bestandteile unserer Gesellschaft. Wir Freien Demokraten nehmen diesen Wandel und die damit verbundenen Herausforderungen an. Unser Ziel ist es, eine selbstbestimmte Teilhabe im Alter für alle Generationen zu ermöglichen und eine faire Lastenverteilung zwischen den Generationen zu schaffen.
Sicher ist heute, dass nur ein gesunder Mix aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Altersvorsorge für Stabilität sorgen und mehr Wohlstand im Alter schaffen kann.
Politik darf keine Ängste schüren. Negativszenarien einer massenhaften Altersarmut in der Zukunft können keine Grundlage für Reformen zu Lasten künftiger Generationen sein. Derzeit sind von Altersarmut (Personen, die Grundsicherung im Alter erhalten) weniger als drei Prozent der über 65-Jährigen betroffen. Altersarmut droht häufig dem, der schon während der Erwerbstätigkeit arm war. Gute Bildung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Raum für eigene Vorsorge sind die Grundvoraussetzungen, um Altersarmut vorzubeugen.
Wir möchten das Rentensystem zukunftsfit machen: Das vorhandene Angebot der Altersvorsorge soll erhalten und so gestaltet werden, dass es der heutigen Lebensrealität entspricht, statt neue bürokratische Strukturen wie bei einer „Deutschlandrente“ zu schaffen. Gerade Beziehern von mittleren und niedrigen Einkommen soll in verstärktem Maße die Teilnahme an der Altersvorsorge ermöglicht werden.
Generationengerechtigkeit und zukunftsfitte Rente: Die betriebliche Altersvorsorge ausbauen
Mehr als die Hälfte (56%) der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von 25 bis unter 65 Jahren sorgt neben der Absicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung aktuell betrieblich für das Alter vor. Dem relativ hohen Anteil an einbezogenen Arbeitnehmern stehen geringe Beiträge sowie geringe Vermögensbestände gegenüber.
Unternehmen scheuen sich teilweise immer noch, eine betriebliche Altersvorsorge einzuführen, da sie mit hohen bürokratischen Anforderungen und hohen Kosten einhergehen kann. Darüber hinaus führt die anhaltende Niedrigzinsphase dazu, dass die Lasten für die Unternehmen je nach Durchführungsweg immer mehr steigen und mitunter zu existenziellen Krisen führen können.
Es entspricht dem liberalen Selbstverständnis, dass jeder den gleichen Zugang zu den drei Säulen der Altersvorsorge hat, d.h. jeder kann selbst bestimmen, wie er oder sie die jeweiligen Anteile der Vorsorge gewichtet. Wir setzen auf die Eigenverantwortung eines jeden Menschen. Deshalb muss die Freiwilligkeit des Arbeitnehmers über den Abschluss einer betrieblichen Altersvorsorge, die er finanziert, erhalten bleiben. Jeder Arbeitnehmer muss durch seinen Arbeitgeber über die Möglichkeit der betrieblichen Altersvorsorge aufgeklärt werden und sich aktiv entscheiden können.
Die Freien Demokraten lehnen daher auch den Vorschlag eines zentralen Rentenfonds „Deutschlandrente“ als Standardprodukt für die kapitalgedeckte zusätzliche Altersvorsorge ab.
Die Freien Demokraten setzten sich dafür ein, die Akzeptanz und Nutzung der betrieblichen Altersvorsorge durch die Beseitigung der bestehenden Schwächen und Hemmnisse zu erreichen. Dazu gehören die Erweiterung der Förderung und Möglichkeiten der betrieblichen Altersvorsorge, die Möglichkeit, die vom Arbeitnehmer beitragsbasierte betriebliche Altersvorsorge und vom Arbeitgeber finanzierte beitragsbasierte Altersvorsorge nach der Sperrklausel beim Wechsel des Arbeitgebers problemlos mitzunehmen ( Portabilität), und eine europäische Lösung.
Die betriebliche Altersvorsorge zukunftsfit machen – unser Konzept
Wir wollen einen mündigen Bürger, der eigenverantwortlich Entscheidungen trifft. Altersvorsorge beginnt nicht erst dem Erkennen des Vorsorgebedarfs oder mit dem Abschluss eines Versorgungsvertrags. Sie beginnt mit dem Erwerb der Fähigkeit zu selbstverantwortlichem Handeln. Ein Grundverständnis für die Finanzfragen der individuellen Lebensplanung ist hierfür unabdingbare Voraussetzung. Hier muss Politik ansetzen: Die Bildungs- und insbesondere die Schulpolitik müssen endlich aktiv werden und der Notwendigkeit, Finanzwissen bereits in der Schule zu vermitteln, Rechnung tragen.
Die mangelnde Transparenz über bestehende Versorgungsanwartschaften muss durch einfache säulenübergreifende Informationsplattformen und Apps erhöht werden – nur wer weiß, wie es um ihn steht, kann die richtigen Entscheidungen treffen.
Die Anreize für die Altersvorsorge müssen richtig gesetzt werden. Bezieht ein Rentner die Grundsicherung im Alter, dürfen die Erträge der betrieblichen Altersvorsorge nicht von der Grundsicherung vollständig abgezogen werden. Eigenvorsorge muss sich rentieren!
Einen neuen einfachen Rahmen schaffen: Um einen einfachen einheitlichen Rahmen zu schaffen, werden in Deutschland Altersvorsorgekonten für alle steuerpflichtigen Personen eingeführt, auf denen das Vorsorgevermögen angezeigt werden kann. Die Altersvorsorgekonten sind „private“ Konten und befinden sich im vollen Eigentum des Arbeitnehmers. Der Grundsatz ist einfach. Auf den Konten kann die steuerlich geförderte Altersvorsorge – sowohl die betriebliche als auch die private Altersvorsorge – zusammengeführt werden. Damit hat der Arbeitnehmer auf einen Blick eine Übersicht über seine Altersvorsorge.
Im Rahmen der Kapitalmarktunion sollen die Möglichkeiten eines europäischen Konzepts erweitert werden. Das Kontenmodell ließe sich europaweit mit geringem bürokratischen Aufwand als Rahmengesetzgebung umsetzen. Der Staat darf dabei keinen Zugriff auf das Vermögen der betrieblichen Altersvorsorge erhalten. Die private und betriebliche Altersvorsorge werden durch die nachgelagerte Versteuerung nicht höher belastet werden als während der Einzahlungsphase. Auch die Sozialabgaben werden nicht höher sein als während der Einzahlungsphase. Die Höhe der staatlichen Rente darf in Zukunft nicht in Abhängigkeit von privater und betrieblicher Vorsorge gekürzt werden.
Deutschland hat im internationalen Vergleich bei niedrigen und mittleren Einkommen eine zu hohe Steuer- und Abgabenquote. Damit die Menschen mehr sparen können, benötigen sie einen größeren finanziellen Freiraum. Die Steuer- und Abgabenquote muss gesenkt werden. Hierzu gehört die Abschaffung der Doppelbelastung der Rentnerinnen und Rentner bei den Sozialabgaben der beitragsfinanzierten betrieblichen Altersvorsorge.
Mehr Vorsorge betreiben: Im Rahmen der Entgeltumwandlung können bisher bis zu vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze steuerbefreit für die Altersvorsorge angelegt werden. Diese Beträge sind zu gering, um die Versorgungslücke im Alter zu schließen. Die steuerliche Förderung soll daher für alle Produkte auf mindestens 10 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze erweitert werden.
Steuerliche Vereinfachung umsetzen: Alle Beiträge, die in die Altersvorsorgekonten fließen, sind mindestens in Höhe von 10 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze steuer- und abgabenbefreit. Solange die Beträge und die daraus resultierenden Erträge in dem Konto verbleiben oder zwischen den betrieblichen oder privaten Vorsorgekonten umgeschichtet werden, fallen weder Einkommensteuer, Kapitalertragsteuer noch Sozialbeiträge an. Die Besteuerung beginnt mit der Entnahme der angesparten Mittel.
Bezieher geringer Einkommen, die die steuerliche Förderung nicht ausnutzen können, sollen daher eine Altersvorsorgezulage erhalten. Der Förderbetrag richtet sich nach dem Durchschnitt der steuerlichen Entlastung im Rahmen der Beitragsbemessungsgrenze und kann für die private wie auch die betriebliche Altersvorsorge genutzt werden.
Produktpalette erweitern: Um die Arbeitnehmer am Wachstum unserer Wirtschaft teilhaben zu lassen und sie gleichzeitig in die Lage zu versetzen, für das Alter mehr anzusparen, sollen sie über die Anlage ihrer Mittel selbst entscheiden können, je nach Risikobereitschaft, Lebenssituation und Gesamtportfolio. Die Verpflichtung zu einer Garantie der Höhe der Leistung als Voraussetzung für eine staatliche Förderung entfällt. Weiterhin unangetastet bleiben muss die Garantie der eingezahlten Beiträge. Wir setzen dabei darauf, dass Produktanbieter und Vertrieb die Produkte hinsichtlich des Risikos, des Ertrages und der Kosten dem Kunden transparent anbieten, so dass dieser in die Lage versetzt wird, das Produkt zu verstehen. Der schon existierende, hohe Schutz der Kunden durch die Aufsicht der BaFin und die Regulierung des Vertriebs muss beibehalten werden.
Die Laufzeiten der Verträge in der betrieblichen Altersvorsorge sind lang. Daher darf der zugrunde gelegte Zinssatz nicht unter den derzeitig gültigen Zeitraum von zehn Jahren für die Berechnung des Diskontierungsfaktors fallen, sondern sollte auf zwölf Jahre verlängert werden. Nur so kann die Eigenkapitalbelastung der Unternehmen gesenkt werden.
Die Anforderungen in der Steuerbilanz müssen mit denen der Handelsbilanz angeglichen werden, denn die Diskrepanz zwischen Handels- und Steuerbilanz führt zu einer zusätzlichen Belastung.