Unser NEUropa 2035 – wirtschaftlich und politisch stark, bürgernah und weltoffen, dynamisch und zukunftsorientiert

Unsere Zukunft ist Europa – eine andere haben wir nicht. ―  Hans-Dietrich Genscher

Die Europäische Integration war bei allen Herausforderungen in den letzten
Jahrzehnten eine Erfolgsgeschichte. Gerade Hessen konnte mit seiner zentralen
Lage und seinen innovativen und weltmarktorientierten Unternehmen von
Binnenmarkt, Arbeitnehmerfreizügigkeit, Kapitalverkehrsfreiheit und
Niederlassungsfreiheit bis heute erheblich profitieren. Hessen ist zwar nach den
letzten Erweiterungen nicht mehr der geografische Mittelpunkt Europas, aber
Frankfurt ist mit dem Sitz der Europäischen Zentralbank neben Brüssel,
Luxemburg und Straßburg die vierte Europastadt! Um diese Erfolgsgeschichte
weiterzuverfolgen, muss Europa mutige Schritte gehen – Reformen, die die
Zukunft Europas gestalten.

Das Vereinigte Königreich hat sich mit dem Referendum 2016 aus dem
organisierten Europa herauskatapultiert. Die Briten und die Europäische Union sind auf der Suche nach ihrem zukünftigen Verhältnis bis heute noch nicht erfolgreich.
In diesem Europa – der Europäischen Union – ist gerade uns Freien Demokraten
damit ein strategischer Verbündeter in Fragen von Marktwirtschaft und Freihandel
und ein verlässlicher Anhänger pragmatischer unbürokratischer Ansätze in allen
europäischen Fragen vom Binnenmarkt bis zum Umweltschutz
abhanden gekommen.

Gleichzeitig wartet der Französische Staatspräsident Emmanuel Macron auf eine
Antwort der Bundesregierung auf seine zahlreichen Reformvorschläge für
Europa. Die Bundestagswahl war erst das Hindernis, dann die Regierungsbildung
und jetzt der Streit innerhalb der Bundesregierung. Die deutsch-französischen Beziehungen waren stets ein wichtiger Motor der Europäischen Integration und Frankreich verdient eine ehrliche Antwort von
verlässlichen Partnern. Doch die Bundesregierung schweigt beharrlich – ganz
offensichtlich gibt es keine europapolitische Perspektive dieser Bundesregierung.

Mit Italien testet ein anderer großer Mitgliedstaat der Europäischen Union und bislang
seit Gründung verlässlicher Anwalt eines zukunftsfähigen Europas zurzeit seine
Kreditwürdigkeit und die Dehnung der Eurozone bis zum Anschlag aus. Dies kann die Europäische Wirtschaft als Ganzes in die Krise reißen. Daher muss bei aller Gesprächsbereitschaft im Detail hier die Europäische Kommission mit der Unterstützung Deutschlands konsequent auf die Einhaltung der gemeinsamen Regeln in der Fiskalpolitik drängen.

Die Hessische FDP setzt sich wie bisher für ein wirtschaftlich und
politisch starkes, bürgernahes, weltoffenes, rechtsstaatliches und demokratisches Europa ein.

Warum brauchen wir Hessen Europa?

Was bedeutet für uns die Europäische Union?

Was verbindet Hessen mit Europa?

Die Verkehrsinfrastruktur.

– Luftverkehrswirtschaft:

Frankfurt / Rhein-Main ist die Verkehrs- und Logistikdrehscheibe Nummer 1 in
Deutschland. Über den Flughafen und seine vielfältigen Verknüpfungen mit
Europa zu sprechen, ist schon fast müßig: Slot-Verordnung und Single
European Sky wären einige. Aus Sicht der Freien Demokraten könnten
einheitliche europäische Lösungen die Wettbewerbsfähigkeit Europas stärken
und gerade auch für Hessen mit dem Luftdrehkreuz Nummer 1 in Deutschland
viele Vorteile bringen. Aber es gibt auch Ansätze, die weit in die Zukunft
reichen: Weltweite Einbeziehung des Luftverkehrs in den Handel mit
CO2-Zertifikaten ab 2021 mit dem globalen Klimaschutzinstrument für den
internationalen Luftverkehr (Corsia).

– Schienenverkehr:

Wir Freie Demokraten fordern einen echten Binnenmarkt im Schienenverkehr,
das heißt mit Zugang aller europäischen Eisenbahnunternehmen zu den
nationalen Verkehrsnetzen. Es ist und bleibt unverständlich, dass beispielsweise
der deutsche ICE 3 auch in Belgien fahren kann, der französische Thalys aber
nur bis Köln und nicht nach Frankfurt. Wenn dann die wenigen diesem Standard
genügenden deutschen Züge woanders fahren, muss man von Frankfurt nach
Brüssel in Aachen, Düren oder Horrem bei Köln umsteigen, auch 2018 noch.
Einheitliche europäische Vorgaben für transeuropäische Netze und ein
konsequenter Ausbau der europäischen Schienenmagistralen sind notwendige
Grundlage, den Wettbewerb auf der Schiene über die nationalen Grenzen hinaus
zu verwirklichen und so die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger Europas zu
verbessen und wieder mehr Güterverkehr auf die Schiene zu bringen.

– Straßenverkehr:

Hier scheren Deutschland, Hessen und jetzt auch Frankfurt aus dem
europäischen Gedanken aus: Umweltzonen, Dieselfahrverbote und ja, bald auch
eine Ausländermaut, die nur sprachlich verbrämt Infrastrukturabgabe genannt
wird. Ganz Deutschland ist bei Straßenverkehrsthemen im illiberalen Würgegriff
von CSU, Grünen und SPD gelandet. Nur dank der Intervention CSU-naher
Kreise in Brüssel wird beispielsweise die Ausländermaut von der Europäischen
Kommission nicht als diskriminierend vor den EuGH gebracht. Wir Freie
Demokraten wollen Lösungen und keine Augenwischerei. Wenn wir dank einer
tiefschlafenden Bundesregierung im Rat kaum haltbare Luftreinhaltungswerte in
zentral aus dem Umland angesteuerten Großstädten wie Frankfurt haben, müssen Bundes- und Landesregierung wenigstens dafür sorgen, dass solche europäischen Vorgaben auch einheitlich in Europa gemessen und kontrolliert werden. Zudem sollte es eine wissenschaftliche Nachbewertung der Grenzwerte und Messverfahren geben.

Der Finanzplatz.

– Frankfurt ist Finanzplatz Nr. 1 in Deutschland. Die zentrale Bedeutung
Frankfurts als Bankenhauptstadt Deutschlands und europäischer
Finanzdienstleistungsstandort der Spitzenklasse muss auch in Zukunft erhalten
bleiben. Wichtig ist, neben dem Angebot an Wohnungen und Schulen für die
hier willkommenen Neuansiedlungen aus dem angelsächsischen Raum, die sich
im Zuge des Brexits aus London verabschieden müssen, der Aufbau und die
weitere Unterstützung durch Beratungsunternehmen, ein angepasstes
Arbeitsrecht für diese Klientel, Englisch als zweite Verwaltungssprache und
englischsprachige Kammern an den mit diesen Fragen befassten Gerichten.

– Den Wettbewerb um die Europäische Bankenaufsicht hat Frankfurt verloren, da
die französische Regierung ein aktives Standortwettbewerbskonzept verfolgt
hatte. Der Finanzstandort Frankfurt muss seitens der Landesregierung und der
Bundesregierung stetig vermarktet werden und nicht nur, wenn es darum geht,
Europäische Institutionen anzusiedeln. Dazu müssen Landes- und Bundesregierung analog dem Finanzplatz Frankreich ein konsequentes, stimmiges und wettbewerbsfähiges Standortkonzept entwickeln. Auch in der Bankenunion muss das Grundprinzip der Sozialen Marktwirtschaft, die untrennbare Verknüpfung von Risiko und Haftung auch gelten. Risikovermeidung muss Vorrang vor Risikoteilung haben. Eine Vorbedingung zur Vollendung der dritten Säule der Bankenunion, dass Risiken in Bankenbilanzen reduziert werden. Noch heute sind diese zu hoch. Außerdem haben die Bundesregierung und die EU-Kommission bisher versäumt, den Teufelskreis finanzieller Abhängigkeit zwischen Staaten und Banken zu durchbrechen. Die Anstrengungen müssen deutlich stärker in den Ausbau der Kapitalmarktunion zur Schaffung besser integrierter Kapitalmärkte gelegt werden. Hier trägt privates Kapital Risiko und nicht Steuergeld.

Der Europäische Wissenschaftsstandort.

– Hessen hat 14 Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften,
die im Ballungszentrum, und in Mittel- und Nordhessen
Innovsationsmotoren sind und in der europäischen Wissenschaftslandschaft bei
Kooperationen mit Einrichtungen aus anderen EU-Mitgliedstaaten im Rahmen der
Forschungsförderprogramme des Rahmenprogramms Horizont 2020 sehr gut
aufgestellt sind.

– Hessen muss künftig einer der führenden Innovationsstandorte in Europa
werden. Innovationsförderung und Kooperationen mit Europäischen Partnern,
Unternehmen und anderen Einrichtungen sollen schnell in wachstumsfördernde
Impulse umgewandelt werden. Dazu gehört eine bessere Verwendung von
Patenten, was sich über Ausschreibungsmodelle erreichen lässt.

– Im Zuge des Brexits ist sicherzustellen, dass begonnene Forschungsprojekte
hessischer Hochschulen mit Einrichtungen in Großbritannien zu Ende geführt
werden können. Aber auch in Zukunft muss es weiter attraktive Möglichkeiten der Zusammenarbeit bei Forschung und Lehre zwischen Hessen und Großbritannien geben.

Der Wirtschaftsstandort.

– Industrie:

Hessen hat hervorragend im europäischen und Weltmaßstab operierende
Unternehmen, unter anderem in den Sektoren pharmazeutisch-chemische
Industrie, Fahrzeugbau, Biotechnologie und Logistik und Luft- und Raumfahrt (ESA und ESOC). Sie stehen im globalen
Wettbewerb. Um diese Champions zu begleiten, müssen sich Bundes- und
Landesregierung für Rahmenbedingungen und vernünftig vollziehbare
Regelungen auf europäischer Ebene einsetzen. Ein nationales Draufsatteln auf
europäische Vorgaben lehnen wir ab. Wir wollen uns bei der Übernahme bzw.
Umsetzung von europäischem Recht in nationales Recht darauf beschränken,
bestehende nationale Besonderheiten zu berücksichtigen statt neue zu
entwickeln. Es muss für alle Zugang und Zufahrt zu den Märkten in ganz Europa
zu gleichen Bedingungen geben. Verbote sind aus liberaler Sicht keine
Lösungen sondern ein Problem.

– Kreativwirtschaft:

Die Kreativwirtschaft entwickelt sich in Hessen immer mehr zu einem der
führenden Wirtschaftszweige. Wir wollen einen europäischen Rahmen für die
Kreativwirtschaft vorantreiben, welche die Kreativwirtschaft insgesamt betrachtet
und dabei einen Rahmen setzt, welche eine angemessene wirtschaftliche Beteiligung
der Kreativen an der Wertschöpfung sicherstellt und gleichzeitig Innovation
fördert.

– Handwerk:

Duales System, Meisterpflicht und die damit verbundenen Anforderungen an
Ausbildung und Qualität der Werke sind aus liberaler Sicht erhaltenswert und
sollten nicht im Wege von europäischen Anpassungen geopfert werden.
Gleichzeitig müssen wir aber auch ausländischen Unternehmen diese Märkte
zugänglich machen. Versuche der Europäischen Kommission, die Entwicklung
des Handwerks bzw. der Freien Berufe zu konterkarieren, wie etwa mit dem sog.
Dienstleistungspaket, erteilen die hessischen Freien Demokraten eine klare
Absage. Statt unter dem Vorwand einer einheitlichen elektronischen
Dienstleistungskarte die Qualifikation und die Ausübung sog. reglementierter
Berufe zu unterwandern, sollte die Kommission Vorschläge unterbreiten, die
positiven Effekte dieser Berufszweige auf den Arbeits- und Ausbildungsmarkt
auch auf andere Regionen Europas zu übertragen.

Der ländliche Raum.

– Ländlicher Raum:

Wir sehen den ländlichen Raum nicht nur als Raum- und Erholungsreserve für
die städtischen Zentren. Aber auch mit Blick auf die vielfältigen infrastrukturellen Herausforderungen in den Ballungszentren sind die ländlichen Räume auch als lebenswerte Wirtschaftsstandorte aktiv zu entwickeln. Er braucht aber attraktive Rahmenbedingungen, die
man mit europäischen Mitteln aus verschiedenen Fonds wesentlich verbessern
könnte, wenn die politischen Schwerpunkte richtig gesetzt werden:
flächendeckender Ausbau des Glasfaser- und Mobilfunknetzes, Ausbau der
Verkehrswege, intelligente Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr,
angemessene Infrastruktur im weitesten Sinne (Schulen, Behörden,
Gesundheitsfürsorge).

– Landwirtschaft:

Die Landwirtschaft ist seit 1957 ausschließliche Kompetenz der europäischen
Ebene. Eine lebensfähige Landwirtschaft gehört für uns zu einer Perspektive für
den ländlichen Raum dazu. Direktzahlungen und Leistungen aus
Agrarumweltprogrammen sollen dafür sorgen, dass sie für ihre Leistungen bei
der Pflege der Kulturlandschaften einen angemessenen Ausgleich erhalten. Ziel
unserer liberalen Agrarpolitik bleibt es, Chancen auf wirtschaftlichen Erfolg,
digitalen Fortschritt und eine eigenverantwortliche Risikovorsorge zu ermöglichen.

– Europäische Förderprogramme:

Die EU-Strukturfördermittel sind für Hessen von großer Bedeutung. Daher muss
Hessen auch weiterhin angemessen an den verschiedenen Angeboten
partizipieren können. Im Zuge der Beratungen zur nächsten Förderperiode
(2021-2017) der europäischen Strukturförderfonds (EFRE / ELER und ESF)
sowie der gemeinsamen Agrarpolitik ist aus Sicht der Freien Demokraten
sicherzustellen, dass die Förderprogramme einen europäischen Mehrwert
generieren. Die oftmals beklagte Bürokratie bei Durchführung und Verwaltung der
Programme ist zu minimieren.