Zuwanderung steuern – Integration verbessern
1. Präambel
2. Handlungsfähigkeit wiedererlangen
3. Bildung und Arbeit sind Schlüssel zur Integration
4. Verantwortungsvolle Finanzierung für eine menschenwürdige Unterbringung
5. Zusammenleben gestalten und Werte vermitteln
Die Freien Demokraten bekennen sich in der Flüchtlingskrise zur humanitären Verantwortung unseres Landes. Das Grundrecht auf Asyl und die Genfer Flüchtlingskonvention schützen Menschenrechte. Wer für die Freiheit eintritt, versteht, dass Menschen, die unter Diktaturen leiden oder von Krieg bedroht sind, den Weg in eine bessere Zukunft suchen. Wir sehen in jedem Flüchtling, der nach Deutschland kommt, den Menschen. Ihnen zu helfen ist uns Verpflichtung. Und gerade deshalb müssen wir handeln, um die Aufnahmefähigkeit Deutschlands nicht zu überschreiten und die Herausforderungen der Integration zu meistern.
Die Entscheidung der Bundesregierung, Flüchtlingen, die aus oder über sichere Drittländer kommen, die Aufnahme in Deutschland zuzusagen, hat sich über europäisches und deutsches Recht hinweg gesetzt. Die Regierungskoalition hat gerade beschlossen, in dieser Legislaturperiode kein Zuwanderungsgesetz mehr auf den Weg zu bringen. Wichtige Entscheidungen auf die lange Bank zu schieben, ist ein politischer Offenbarungseid.
Die Bundesregierung hat keinen Plan. Angela Merkel hat nicht nur den Eindruck erweckt, Deutschlands Möglichkeiten zur Aufnahme und Integration seien unbegrenzt, sondern auch rechtsstaatliche Prinzipien verletzt. Der Kurs der Bundesregierung bestärkt momentan viele Menschen, ihr Land zu verlassen und möglichst schnell nach Deutschland fliehen zu wollen. Zudem hat die Bundesregierung unsere europäischen Partner vor den Kopf gestoßen.
Monatelange Asylverfahren, überfüllte Erstaufnahmen: Die Kommunen, die in vorbildlicher Weise die Aufgabe der Unterbringung und Integration der Flüchtlinge in unsere Gesellschaft wahrnehmen, sind mit der Flüchtlingszahl überfordert. Sie werden von Land und Bund im Stich gelassen. Eine solche Situation, in der kein ordnungsgemäßes Verwaltungshandeln mehr möglich ist, darf nicht andauern.
Dumpfer Abschottungspolemik und fremdenfeindlichen Ressentiments setzen wir Mitgefühl, Weltoffenheit und Toleranz entgegen. Aber: Seriöse Politik braucht auch einen Plan und klare Regeln dafür, „wie“ wir das schaffen.
Kernelemente einer verantwortungsvollen Politik – immer ausgehend vom Einzelnen – müssen sein:
▪ Das Grundgesetz als objektive, liberale Werteordnung ist alleinige Richtschnur für das Zusammenleben in Deutschland.
▪ Die Bundesregierung hat die rechtsstaatlichen Prinzipien und die Vertragsvereinbarungen in Europa wieder einzuhalten.
▪ Die Handlungsfähigkeit des Staates muss wiedererlangt werden. Die Zahl der zu uns kommenden Flüchtlinge muss durch die Sicherung der Außengrenzen der EU und einer Verteilung der Flüchtlinge in Europa verringert werden.
▪ Es muss klar nach Asylsuchenden, Flüchtlingen und Zuwanderern unterschieden werden. Kriegsflüchtlinge sollen den sogenannten subsidiären Schutz erhalten.
▪ Deutschland braucht ein modernes Zuwanderungsgesetz.
▪ Integration muss früher beginnen und ernster genommen werden. Durch Straffung der Verfahren sollte spätestens nach drei Monaten mit Sprachkursen und Kursen zur Wertevermittlung begonnen werden.
▪ Die Kommunen müssen ihre vollen Kosten vom Bund, bzw. Land erstattet bekommen.
Die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung sind unzureichend. Dies gilt sowohl für die Betreuung der Menschen, die zu uns gekommen sind als auch für die künftige Steuerung von Zuwanderung. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie die Länder und Kommunen sind – trotz großer Anstrengungen – völlig überfordert und überlastet. Der Dank gilt den vielen ehrenamtlichen Helfern, die in dieser Krisensituation unermüdlich im Einsatz sind. Ohne die massive ehrenamtliche Unterstützung aus der Zivilgesellschaft wären die Verhältnisse noch schlimmer. Deshalb müssen wir die Sorgen und Nöte der Zivilgesellschaft mit aufnehmen und in die Diskussion mit einbeziehen. Das Chaos stärkt die politischen Extreme. Die Verunsicherung reicht mittlerweile bis tief in die Mitte der Gesellschaft.
2. Handlungsfähigkeit wiederlangen
Nach unserer Verfassung (Art. 16a GG) genießen politisch Verfolgte Asyl. Dieses Grundrecht verteidigen Freie Demokraten gegen alle populistischen Forderungen. Allerdings erstreckt sich dieses Recht in aller Regel nicht auf die derzeit zu uns kommenden Menschen, da diese mit wenigen Ausnahmen aus sicheren Herkunftsländern zu uns kommen. Als Flüchtling anerkannt wird außerdem nach der Genfer Flüchtlingskonvention (Qualifikationsrichtlinie), wer wegen Rasse, Religion, Nationalität oder anderer Gründe verfolgt wird. Zusätzlich erhält sogenannten subsidiären Schutz, wem im Heimatland Todesstrafe, Folter oder Lebensgefahr durch Krieg oder Bürgerkrieg droht.
Kriegsflüchtlinge und politisch Verfolgte sind in Deutschland willkommen. Humanitäre Hilfe ist Pflicht. In der Praxis zeigt sich aber, dass auch ein reiches und entwickeltes Land wie Deutschland nur begrenzte Aufnahmekapazitäten besitzt. Daher steht die Politik in der Pflicht, mit rechtsstaatlichen Mitteln dafür zu sorgen, dass künftige Zuwanderung gesteuert wird. Eine solche Steuerung ergänzt die humanitäre Hilfe und erfolgt nach den Erfordernissen des deutschen Arbeitsmarktes. Sie führt zu einer sinkenden Zahl der nach Deutschland einwandernden Menschen. Denn die in Deutschland zu leistenden Aufgaben sind immens: Hunderttausende brauchen eine Wohnung, einen Schutz nach der Qualifikationsrichtlinie
Die Einstufung aller Länder des Westbalkans als „Sichere Herkunftsländer“ fordert die FDP auch weiterhin. Zudem sollte für diese Länder zumindest vorübergehend wieder eine Visumspflicht eingeführt werden.
Kriegsflüchtlinge sollten für die Dauer der Bedrohung in ihrer Heimat humanitären Schutz genießen. Deutschland muss jedoch das klare Signal an die Herkunftsländer senden, dass wir uns bei aller Solidarität das Heft des Handelns nicht aus der Hand nehmen lassen. Deshalb sollten wir Flüchtlinge im Wege eines vorübergehenden humanitären Schutzes in Form des subsidiären Schutzes nach der Qualifikationsrichtlinie dulden. Für sie ist das Asylverfahren der falsche Weg. Die Duldung entlastet die Behörden und erspart uns eine Debatte über Änderungen des Asylrechts im Grundgesetz. So werden auch Ausweisungen und spätere Rückführungen erleichtert sowie der Familiennachzug begrenzt. Dieses Verfahren hat sich in den neunziger Jahren bei den Bürgerkriegsflüchtlingen vom Balkan bewährt.
Generell gilt für alle, die aus Armut oder wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit zu uns kommen, dass dieser Schutz nicht gelten kann. Ihnen muss in ihren Heimatländern geholfen werden. Sie müssen Deutschland wieder verlassen. Deshalb müssen einerseits die bestehenden Rückführungshindernisse hinterfragt und andererseits Landesregierungen, die die Rückführung nicht konsequent praktizieren, aufgefordert werden, entsprechend zu verfahren. Gleichzeitig sind der Ausbau der Infrastruktur und das Nachbarschaftsprogramm der Europäischen Union wichtige Ansatzpunkte, um in den Heimatländern die Lebensbedingungen zu verbessern. Entsprechende Bemühungen müssen verstärkt werden.
Ein erheblicher Teil derer, die in unser Land kommen, sind nicht Flüchtlinge, sondern Zuwanderer, die eine Chance suchen, Armut und beruflicher Perspektivlosigkeit zu entkommen. Daher fordern die Freien Demokraten eine mutige Zuwanderungspolitik: Deutschland braucht ein modernes Einwanderungsgesetz, das die chaotische Zuwanderung aus wirtschaftlichen Gründen vernünftigen Regeln unterwirft. Bereits seit dem Abschlussbericht der Süssmuth-Kommission im Jahr 2001 ist klar: Als alternde Gesellschaft brauchen wir in vielen Berufen qualifizierte Zuwanderer. So geht auch die Bertelsmann-Stiftung von einem Bedarf von bis zu 350.000 qualifizierten Zuwanderern aus. Dennoch verweigert sich die CDU bisher als einzige verbliebene Partei standhaft der Tatsache, dass Deutschland de facto ein Einwanderungsland ist. Die Ankündigung, erst 2017 einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, ist inakzeptabel. Jetzt muss in dieser Frage gehandelt werden. Denn wir haben ein Recht darauf, klare Kriterien zu definieren, wie die Einwanderung in den Arbeitsmarkt aussehen soll. So kann für diejenigen, die nach der Flucht dauerhaft bei uns bleiben wollen, eine neue Chance entstehen. Kriegsflüchtlinge, die die Kriterien des Einwanderungsgesetzes erfüllen, haben die Möglichkeit auch nach Wegfall der Fluchtgründe dauerhaft in Deutschland bleiben zu können. Langfristig fordern wir eine gemeinsame europäische Einwanderungspolitik.
Die Freien Demokraten wollen eine faire Lastenverteilung in Europa erreichen. Deutschland kann nicht allein mit den europäischen Flüchtlingsströmen fertig werden. Dafür brauchen wir ein europäisches System. Jedes europäische Land hat die Verpflichtung, entsprechend seiner Größe und Wirtschaftskraft einen Teil der Flüchtlinge aufzunehmen. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, müssen die Außengrenzen wieder gesichert werden. Länder, die die europäischen Außengrenzen sichern, wollen wir nicht alleine lassen. Sobald ausreichend Plätze in großen Aufnahmeeinrichtungen in Südeuropa geschaffen sind, sollte dies möglich sein. Bei der Schaffung dieser Kapazitäten stehen alle europäischen Länder gemeinsam in der Pflicht. Unser Ziel bleibt ein vollständiges gemeinschaftliches Asylrecht in Europa. In besonderen Krisensituationen hat die internationale Staatengemeinschaft weltweit Verantwortung zu übernehmen.
Mittel- und langfristig muss die Bekämpfung der Fluchtursachen eine hohe Priorität in der Politik haben. Eine aktivere Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands und Europas, gerade im arabischen Raum und in Nordafrika, gehört genauso zu den politischen Prioritäten. Insbesondere eine gemeinsame europäische Mittelmeerpolitik stellt eine langfristige strategische Herausforderung dar, mit dem langjährigen Ziel der Überwindung der Teilung des Mittelmeerraums. Dazu gehört eine fokussierte politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Unterstützung von Reform-Regierungen als „Leuchttürme“ einschließlich der Verstärkung wirtschaftlicher Förderprogramme und des kulturellen Austauschs. Eine Belebung der Mittelmeerunion als gemeinsames Projekt aller Mittelmeeranrainer ist vordringlich. Dies beinhaltet auch einen zielgerichteten Einsatz der Mittel der Entwicklungspolitik, eine Unterstützung der humanitären Missionen in den Regionen der Krise sowie – mit Blick auf Afrika – eine generelle Revision der europäischen Subventionen und Handelshemmnisse, die dort vielfach Probleme potenziert haben. Die Mittel des UNHCR müssen weiter aufgestockt werden, damit die Situation in den Unterkünften in den Ländern, die an die Krisenregionen angrenzen, erträglich wird. Um die Akzeptanz der Bevölkerung auch für Europa zu erhalten, brauchen wir eine gemeinsame Sicherung der EU-Außengrenzen und ein entschlossenes Bekämpfen der Schlepperkriminalität.
Wir wollen, dass sehr schnell entschieden wird, ob Menschen hier Asyl oder ein Bleiberecht erlangen. Verfahren müssen gestrafft, Nachregistrierungen zügig vollzogen und Entscheidungen beschleunigt werden. Jedes Verfahren muss nach spätestens drei Monaten abgeschlossen sein. Die Freien Demokraten begrüßen Ideen wie Beleihung von Juristen und Verwaltungswissenschaftlern, um Kapazitäten zur Entscheidung von Asylanträgen zu erhöhen. Die Freien Demokraten haben die Justizministerin in Hessen aufgefordert, das Asylrecht in der Juristenausbildung zu berücksichtigen. Dazu gehören neben mehr Personal bei den Entscheidern auch mehr Richter, um Klagen gegen abgelehnte Asylanträge zu beschleunigen.
Die Landesregierung wird aufgefordert, alle möglichen und zulässigen Maßnahmen zu ergreifen, abgelehnte Asylbewerber, die keinen rechtmäßigen Aufenthaltsstatus haben (bundesweit schätzungsweise mehr als 180.000), schnellstmöglich abzuschieben und solche Flüchtlinge, die aus sicheren Herkunftsländern kommen oder aus anderen Gründen keinen Anspruch auf Asyl haben (§ 30 AsylVfG) nach Abschluss des Prüfungsverfahrens konsequent abzuschieben.
3. Bildung und Arbeit sind Schlüssel zur Integration
Für Freie Demokraten ist Bildung der Schlüssel zum eigenverantwortlichen Leben. Die Möglichkeit, Arbeit aufzunehmen, ist der schnellste Weg der Integration. Wer aber viele Monate auf einen Termin für den Asylantrag und dann noch einmal Monate für die Anerkennung oder Ablehnung warten muss, verliert wertvolle Zeit und ist in nachvollziehbarer Weise frustriert.
• Die Freien Demokraten fordern einen möglichst schnellen Beginn der Sprach- und Integrationskurse bereits in der Antragsphase, bzw. direkt nach der Antragsphase, wenn die Verfahrensdauer auf drei Monate reduziert wurde. Ein sofortiger Zugang zu den Schulen vor Ort muss gewährleistet sein.
• In den Erstaufnahmeeinrichtungen muss mit ersten Sprachkursen und der Wertevermittlung begonnen werden.
• Die Landesregierung muss ihre Verantwortung im Bereich der Bildung auch für die Flüchtlinge wahrnehmen. Es müssen kurzfristig neue Stellen für Lehrer und Pädagogen geschaffen und Quereinsteiger gefördert werden. Pensionierte Lehrer sollen eingebunden werden. Zunächst wird der Schwerpunkt auf dem Spracherwerb liegen müssen. Bildungspolitisches Ziel sollte dabei die schnellstmögliche Integration in den normalen Schulalltag sein. Die von der Landesregierung vorgesehenen Kürzungen der Lehrerzuweisung zur Grundunterrichtsversorgung sind zurückzunehmen. Ein Schulbesuch von Flüchtlingen bis zum 25. Lebensjahr muss – mindestens in den beruflichen Schulen – ermöglicht werden. Das Land Hessen muss seiner bildungspolitischen Aufgabe gerecht werden und Mittel in Höhe von mindestens 10 Prozent der Bundeszuschüsse in Bildungsmaßnahmen investieren.
• In diesem Zusammenhang sollen überdies frühzeitig Analphabeten ermittelt werden, welche selbstverständlich die notwendige Unterstützung durch ein Angebot von Alphabetisierungskursen erhalten sollen.
• Die Bundesregierung hätte schon längst ein „Bündnis für Integration in Arbeit“ mit der Wirtschaft und den Gewerkschaften bilden müssen. Bremsen für Wachstum und Beschäftigung, die die Große Koalition gezogen hat, müssen gelöst werden, damit die Zuwanderer eine Chance auf dem Arbeitsmarkt erhalten. Für Freie Demokraten gilt, dass Arbeitsverbote aufzuheben, die Vorrangprüfung abzuschaffen und Arbeitsgenehmigungen auch für Flüchtlinge zeitnah zu erteilen sind.
• Der Zugang zu Arbeit muss umgehend möglich sein. Die Anerkennung von Berufs- und Bildungsabschlüssen muss erheblich vereinfacht, eventueller Nachqualifizierungsbedarf zügig festgestellt und angegangen werden. Zahlreiche Flüchtlinge erfüllen nicht die Qualifikation für einen schnellen Zugang in den ersten Arbeitsmarkt. Ohne die Akzeptanz eines Niedriglohnsektors kann die Integrationsleistung nicht gelingen. Zum erleichterten Einstieg in Arbeit muss es daher Ausnahmen vom Mindestlohn geben, wie dies auch für andere Gruppen wie Langzeitarbeitslose möglich ist. Dazu sollten die Orientierungspraktika ohne Mindestlohn für Flüchtlinge auf mindestens 12 Monate ausgedehnt werden. Arbeit mit befristeten Verträgen und unter Mindestlohn muss bis zu Erlangung einer Mindestintegration am Arbeitsplatz möglich sein.
• Wir wissen heute, dass Migranten überproportional bereit sind, sich selbständig zu machen. Die gesellschaftsrechtlichen und steuerrechtlichen Vorschriften sind anzupassen und die bürokratischen Hindernisse abzubauen, um Chancen zu schaffen und nicht zu verhindern.
• Die Kommunen sollten Flüchtlinge unterstützen, so rasch wie (gesetzlich) möglich eine ihrer Ausbildung adäquate Arbeit anzunehmen oder eine Ausbildung zu beginnen. Hierzu müssen die Kommunen, die IHK’s, HWK‘s die Arbeitsagenturen und die Ausländerbehörden noch enger zusammenarbeiten. Dabei sind insbesondere die Verfahren zur Feststellung von Kompetenzen, Fähigkeiten und Bildungsstand der Flüchtlinge zu professionalisieren, zu entbürokratisieren und zu beschleunigen. Die FDP schlägt regionale monatliche runde Tische zur Bestandsaufnahme und Beratung von Jobangeboten für Flüchtlinge vor.
4. Verantwortungsvolle Finanzierung für eine menschenwürdige Unterbringung
• Das Land und die Kommunen sind im Asylverfahren ausführende Organe für den Bund. Dieser hat daher die Kosten vollständig zu übernehmen. Sollte die Erstattung über die Länder erfolgen, sind diese zu verpflichten, entsprechende Zahlungen vollständig an die Kommunen weiterzugeben.
• Um den Berg der Altfälle abzuarbeiten, fordert die FDP, die bis 31. August gestellten Alt-Anträge aus den Ländern Syrien, Irak und Eritrea nach einer Herkunfts-, Identitäts- und Sicherheitsprüfung pauschal anzuerkennen. Diesem Vorschlag ist die Bundesregierung jetzt – wenn auch zu spät – mit beschleunigten Verfahren für diese Gruppen zumindest teilweise nachgekommen. Die Freien Demokraten fordern auch weiterhin eine sachgerechte Personalverstärkung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Auch hier hat die Bundesregierung viel zu spät reagiert – daher besteht schon jetzt ein Stau von über 300.000 unbearbeiteten Asylanträgen.
• Wünschenswert bleibt eine Unterbringung in kleinen Einheiten. Damit können Konflikte verhindert, die Integration und die Akzeptanz der Bevölkerung befördert werden. Die derzeitige Situation macht aber ein Abweichen von diesem Ideal erforderlich. Um die ehrenamtlich Tätigen zu unterstützen, sind in zentralen Einrichtungen auch die Flüchtlinge selbst gefordert, bei Tätigkeiten wie der Essensausgabe und der Reinigung der Unterkünfte zu unterstützen.
• Die Kommunen müssen von Zwangseinweisungen oder gar der Beschlagnahme privater Immobilien als Flüchtlingsunterkünfte Abstand nehmen. Solche Vorhaben führen nur dazu, die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung zu untergraben und Ängste zu schüren. Es gibt genug leerstehende Gebäude der öffentlichen Hand und Möglichkeiten zur Unterbringung auf dem Wohnungsmarkt oder in zur Verfügung stehenden leeren Verwaltungs- oder Hotelgebäuden. Die Kommunen sollen kurzfristig leerstehende Gebäude im Eigentum der öffentlichen Hand für die Unterbringung von Flüchtlingen freigeben und herrichten. Bei dem Umbau dieser Gebäude müssen zeitlich befristet die Baustandards der HBO gelockert und Ausnahmen zugelassen werden.
• Mit der Anerkennung der Asylbewerber wächst der Druck auf die Kommunen, bezahlbaren Wohnraum anzubieten. Die Probleme in bereits heute hart umkämpften Wohnungsmärkten wie insbesondere in Frankfurt, Wiesbaden, Darmstadt und anderen Großstädten werden sich durch den Flüchtlingszustrom weiter verstärken. Mietpreisbremsen und hohe Baustandards verknappen und verteuern den knappen Wohnraum weiter.
• Die Freien Demokraten fordern daher, verstärkt marktwirtschaftliche Konzepte einzusetzen. Dazu gehören die Nutzung der Möglichkeit der Konversion, die Verkürzung der Planungsverfahren durch schnellere Aufstellung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen und die kritische Überprüfung der derzeit bestehenden energetischen Anforderungen bei Bau und Sanierung, da diese häufig Investitionshindernisse bedeuten, . Darüber hinaus ist der Abbau von Hemmnissen in der Hessischen Bauordnung (z.B. § 44 HBO Stellplatzordnung oder § 8 HBO Kinderspielplatzpflicht) dringend notwendig.
5. Zusammenleben gestalten und Werte vermitteln
Die Aufnahme Tausender Menschen aus Herkunftsländern mit anderer kultureller Prägung ist eine Chance, birgt aber auch die Gefahr von Konflikten. Alleinige Richtschnur für das Zusammenleben sind für uns Freien Demokraten das Grundgesetz und die Rechtsordnung in Deutschland. Sie gelten für alle – Hierlebende und Neuankömmlinge. Und sie müssen gegen Angriffe von politischen und religiösen Extremisten – unabhängig ihrer Herkunft – sowie von Rassisten und Gewalttätern jeglicher Art geschützt werden. Umgekehrt ist es unsere Verpflichtung Flüchtlinge gegen die aufkommende Gewalt in Deutschland zu schützen.
• Wir schätzen die Freiheit in Deutschland, seine Weltoffenheit und Toleranz. Deutschland hat mit dem Grundgesetz eine objektive, liberale Werteordnung. Diese Liberalität ist für uns die Grundlage des Zusammenlebens und die Voraussetzung von Integration. Diese Verfassungsgrundsätze müssen wir auch Flüchtlingen vermitteln. Deshalb sollte bereits in den Erstaufnahmeeinrichtungen nicht nur ein deutscher Wortschatz vermittelt werden, sondern auch unsere unverrückbare liberale Gesellschaftsordnung. Gerade innerhalb der Einrichtungen darf es keine Zweifel daran geben, dass Glaubens- und Meinungsfreiheit, die Gleichberechtigung von Mann und Frau und das Gewaltmonopol des Staates gewährleistet und Übergriffe konsequent geahndet werden.
• Die Freien Demokraten werben dafür, mit einer konsequenten Wertevermittlung bereits in den Erstaufnahmeeinrichtungen zu beginnen. Bereits nach heute geltender Rechtslage besteht die Möglichkeit, Flüchtlinge, die straffällig werden, in ihr Heimatland zurückzuschicken.
• In den Flüchtlingsunterkünften ist die Sicherheit von allen dort Untergebrachten, besonders aber die von Frauen und Kindern sicherzustellen. Die räumlich getrennte Unterbringung von allein reisenden Frauen und Kindern ist notwendig. Gleiches gilt auch für Menschen mit LSPTI-Hintergrund, soweit sich Konflikte zeigen. Gewalt in Unterkünften darf keine Toleranz entgegengebracht werden. Derartige Rechtsverstöße dürfen auch nicht verheimlicht und negiert werden.
• Die Stellungnahme der Polizeigewerkschaft mit Blick auf die Überforderung angesichts der hohen Zahl von Flüchtlingen ist ernst zu nehmen. Das Land muss eine ausreichende Ausstattung der Polizei und der Sicherheitskräfte gewährleisten. Dies ist auch notwendig, um gegebenenfalls ein klares rechtsstaatliches Eingreifen zu ermöglichen. Dies gilt ebenfalls und besonders mit Blick auf die Aktivitäten von Salafisten im Umfeld der Flüchtlingsunterkünfte.