Gesundheitspolitik

Zurück zum Kapitel

Das Gesundheitswesen steht in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen: Die hessische Bevölkerung wird immer älter und nimmt es daher immer häufiger in Anspruch. Gleichzeitig ist das Gesundheitswesen von einem starken Fachkräftemangel geprägt. Hinzu kommen große Finanzlücken in nahezu allen Bereichen des Gesundheitssystems. Die gute Nachricht ist: Die Digitalisierung stellt für viele Herausforderungen des Gesundheitswesens eine Lösung dar. Wir setzen uns dafür ein, dass diese Chancen erkannt und ergriffen werden. Die Freien Demokraten werden in Hessen ein Klima schaffen, in dem neue innovative Ideen für das Gesundheitswesen entstehen und sich dauerhaft etablieren. Wir werden gemeinsam mit allen Beteiligten Hürden abbauen und mutig nach vorne gehen, um ein zeitgemäßes und digitales Gesundheitssystem für Hessens Bürgerinnen und Bürger zu gestalten.

Telemedizin und eHealth

Wir wollen Hessen zu einem Vorreiter-Bundesland im Bereich eHealth und Telemedizin machen. Deshalb wollen wir eine Digitalstrategie für das hessische Gesundheitswesen entwickeln, die die Potenziale der Digitalisierung für Bürgerinnen und Bürger sowie die Akteure des Gesundheitswesens vollständig ausschöpft. Wir wollen digitale Lösungen unterstützen, die Pflegekräfte sowie Ärztinnen und Ärzte in ihrem Alltag entlasten und den Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu Gesundheitsleistungen erleichtern. Wir werden uns u. a. dafür einsetzen, dass Bürgerinnen und Bürger Arzttermine schneller und einfacher selbst buchen können. Zudem wollen wir Telemedizin im ländlichen Raum noch stärker etablieren, um Versorgungslücken zu schließen.

Das Herzstück der Digitalisierung im Gesundheitswesen ist die elektronische Patientenakte, die Informationen der Bürgerinnen und Bürger zentral bündelt und den Patientinnen und Patienten sowie den Leistungserbringern (Ärztinnen und Ärzten, Pflegekräften, Hebammen etc.) die Informationen jederzeit unkompliziert zur Verfügung stellt. Wir wollen deshalb dafür sorgen, dass die elektronische Patientenakte breit ausgerollt und von allen Akteuren des Gesundheitswesens sowie den Bürgerinnen und Bürgern aktiv genutzt wird. Wir setzen uns zudem dafür ein, dass Anwendungen der Telematikinfrastruktur wie etwa das eRezept schneller in die Umsetzung kommen. Darüber hinaus unterstützen wir die Weiterentwicklung der Telematikinfrastruktur hin zu einer praktikableren und zeitgemäßen „TI 2.0“.

Zur Förderung von Digitalisierungsprojekten wollen wir einen hessischen eHealth-Fonds schaffen, der digitale Versorgungsinnovationen fördert. In der Vergangenheit scheiterten viele Projekte daran, dass Förderzeiträume zu kurz waren und die Projekte lediglich als Insellösung geplant wurden. Der Fonds soll deshalb so ausgestaltet werden, dass die Versorgungsprojekte regional ausgeweitet werden können und auch die Chance bekommen, über den Förderzeitraum hinaus zu bestehen.

Im Mittelpunkt solcher Entwicklungen müssen mündige Bürgerinnen und Bürger stehen, bei denen wir zukünftig die Datenhoheit verorten wollen. Mobile Endgeräte der Patientinnen und Patienten sollten die Gesundheitskarte ersetzen und fester Bestandteil des persönlichen Datenmanagements in Patientenhand werden.

Hessisches Kompetenzzentrum für Telemedizin und eHealth

Darüber hinaus werden wir das Hessische Kompetenzzentrum für Telemedizin und eHealth (KTE) weiterentwickeln. Das Zentrum soll die Digitalisierung des Gesundheitswesens künftig aktiv mitgestalten. Die noch amtierende Landesregierung hat die Potenziale, die in einem gut aufgestellten KTE stecken, in keiner Weise erkannt: Aus Überforderung hat das Grün geführte Sozialministerium das KTE 2021 an das Digitalisierungsministerium abgegeben. Doch auch das CDU geführte Digitalisierungsministerium hat es nicht geschafft, das Zentrum aus seinem Schattendasein herauszuführen. Das Kompetenzzentrum berät Arztpraxen in Sachen Digitalisierung; vielmehr ist in der zu Ende gehenden Legislaturperiode nicht passiert. Wir werden das ändern! Das KTE soll künftig für alle Player des hessischen Gesundheitswesens ein Ansprechpartner in Sachen eHealth sein, digitale Modellprojekte entwickeln und diese zusammen mit anderen Partnern – seien es Praxen, IT-Unternehmen, Universitäten, Krankenhäuser und Krankenkassen – umsetzen. Ziel muss sein, alle relevanten Player unter Moderation und Koordination des KTE an einen Tisch zu bekommen, um Hürden und Blockadehaltungen abzubauen, damit die Digitalisierung im hessischen Gesundheitswesen endlich vorankommt.

Darüber hinaus werden wir dafür sorgen, dass das Hessische Kompetenzzentrum für Telemedizin und eHealth nicht durch die Aufteilung des Aufgabengebietes „eHealth“ auf zwei Ministerien behindert wird. Diese Aufteilung hat sich nicht bewährt.

Hessisches Landesamt für Gesundheit und Pflege

Seit Januar gibt es das Hessische Landesamt für Gesundheit und Pflege (HLfGP). Bislang wurden dort lediglich vorhandene Aufgabenbereiche mit Gesundheitsbezug aus den Regierungspräsidien und dem inzwischen aufgelösten Hessischen Landesprüfungs- und Untersuchungsamt im Gesundheitswesen zusammengeführt. Darüber hinaus ist wenig passiert. Die derzeitige Landesregierung zeigt wenig Weitsicht, das neue Amt konzeptionell weiterzuentwickeln. Die Freien Demokraten werden sich dafür einsetzen, nicht nur einfach eine neue Behörde zu schaffen, sondern die damit verbundenen Potenziale auch zu heben. Wir werden das Amt deshalb so aufstellen, dass dort zentrale Fachexpertise entsteht, von der alle Bereiche des hessischen Gesundheitswesens tatsächlich profitieren.

So muss es künftig zur Aufgabe des Landesamtes gehören, eine hessische Gesamtstrategie für den Bereich Prävention zu entwickeln und die Städte und Kreise bei der Entwicklung und Umsetzung von Präventionsprojekten vor Ort zu unterstützen. Nicht alle Kommunen sind bei diesem Thema gleich gut aufgestellt. Oft fehlt es vor Ort an Know-how und Personal. Die Landesregierung lässt die Städte und Kommunen hier im Regen stehen. Wir werden dafür sorgen, dass das Landesamt für Gesundheit und Pflege ihnen künftig Hilfestellung leistet, damit die Kommunen mit anderen Partnern vor Ort, wie zum Beispiel den Krankenkassen, Projekte auf den Weg bringen, die auch wirklich bei den Menschen ankommen.

Das Amt muss zudem dazu beitragen, dass die Gesundheitsämter in den Städten und Kreisen schnellstmöglich digitalisiert werden. Wir werden dafür sorgen, dass das Landesamt die Basis dafür schafft, dass die einzelnen Gesundheitsämter intern, untereinander und mit den Landesbehörden digital vernetzt werden – und das ohne Bruchstellen. Die Pandemie hat offengelegt, dass die Digitalisierung im öffentlichen Gesundheitsdienst in den vergangenen Jahren sträflich vernachlässigt worden ist.

Prävention

Prävention und Gesundheitsförderung sind Grundvoraussetzung für eine andauernde Gesundheit in der Bevölkerung. Wir setzen uns deshalb dafür ein, Informationen zur Vorbeugung von Erkrankungen den Bürgerinnen und Bürgern einfach und verständlich zugänglich zu machen. Prävention beginnt bereits in der Kindheit, weshalb wir uns für die Entwicklung von Präventionsangeboten in allen Altersklassen sowie einer konsequenten Umsetzung stark machen. Zugleich wollen wir bei der Gesundheitsförderung digitale Lösungen stärker unterstützen, etwa bei der Bereitstellung von Informationen mittels digitaler Medien wie bspw. dem Einsatz von Präventions-Apps oder Online-Trainings-Angeboten. Wir wollen die Digitalkompetenz altersgerecht ab der Kita fördern, um u. a. auch Cybermobbing frühzeitig vorzubeugen und problematischem Medienkonsum rechtzeitig zu begegnen. Zudem wollen wir zur Vorbeugung schwerer Erkrankungen erreichen, dass Impfungen noch niederschwelliger angeboten werden.

Nach oben

Sektorenübergreifende Versorgung

Die medizinische wohnortnahe Versorgung hat für uns eine herausragende Bedeutung. Um eine flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten, muss alles dafür getan werden, den Arztberuf als freien Beruf im Haus- und Facharztbereich als auch stationären Versorgungsbereich zu erhalten und zu stärken. Eine strikte Trennung der ambulanten und stationären Versorgungsebene ist nicht mehr zeitgemäß. Immer mehr Leistungen der Patientenversorgung können sowohl ambulant als auch stationär erbracht werden. Dabei entscheiden der Zustand der Patienten und das damit verbundene Eingriffsrisiko, ob ambulant oder stationär behandelt wird.

Größtes Hindernis ist dabei das unterschiedliche Vergütungssystem in der ambulanten und stationären Versorgung. Es muss daher auf einen zukünftig gleichen Leistungskatalog unter gleichen Qualitätsstandards zur gleichen Honorierung hingearbeitet werden.

Nach oben

Zukunftsweisende Gestaltung des Arzt-Patienten-Kontaktes

Insbesondere in strukturschwächeren Regionen wird es immer schwerer, offene Arztsitze zu besetzen. Auch beim hessischen Ärztenachwuchs verliert die Vorstellung, sich in eigener Praxis und noch dazu auf dem Land niederzulassen, zunehmend an Attraktivität. Die von der Landesregierung im vergangenen Jahr auf den Weg gebrachte Landarztquote wird dieses Problem nicht lösen – vor allem nicht kurzfristig. Es gilt daher auch hier, die Chancen der Digitalisierung zu ergreifen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Möglichkeiten von Videosprechstunden und Fernbehandlung noch stärker genutzt werden. Die Pandemie hat gezeigt, dass die Videosprechstunde funktioniert und von den Menschen in Hessen gut angenommen wird. Wer nur leicht erkrankt ist, eine Krankmeldung für den Arbeitgeber oder ein Folgerezept benötigt, wird auch weiterhin dankbar sein, dass er sich den Weg in die Arztpraxis ersparen kann. Wir werden uns deshalb dafür stark machen, dass ärztliche Leistungen, die digital erbracht werden, sowohl finanziell als auch in der öffentlichen Wahrnehmung, den Leistungen in Präsenz gleichgestellt werden.

Für medizinische Fälle, die nicht aus der Ferne behandelt werden können, sollen künftig Versorgungsassistenten zum Einsatz kommen. Sie können vor Ort bei den Patientinnen und Patienten zu Hause Routinekontrollen oder Beratungen vornehmen und sich bei Bedarf per Videotelefonie mit Medizinern abstimmen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass diese Möglichkeiten viel stärker als heute genutzt werden. Nicht-ärztliches Fachpersonal muss entsprechend qualifiziert werden, sodass eine Delegation ärztlicher Leistungen ohne Einschnitte in der Behandlungsqualität möglich wird.

Nach oben

Aufbau regionaler Zentren zur Sicherung der Gesundheitsversorgung

Um zukünftig die Versorgung der Bürger, insbesondere im ländlichen Raum, sicherzustellen, fordern wir die Gründung von Gesundheits-Versorgungs-Zentren (GVZ). Eine Aufgabe dieser neuen GVZ ist der Aufbau eines regionalen Zentrums für die primäre und sekundäre Gesundheitsversorgung der Bevölkerung in einem definierten Einzugsgebiet. Das soll im Einvernehmen mit der Kassenärztlichen Vereinigung geschehen. Dabei ist den Bedürfnissen der Gesamtbevölkerung Rechnung zu tragen. Diese Organisationsform schafft die Voraussetzung für den Aufbau größerer gesundheitsversorgender Strukturen.

Das Ärztezentrum innerhalb des GVZ ist eine wirtschaftlich autonom agierende Einheit. Für die Versorgung der Bevölkerung in entlegenen Gebieten können Außenstellen etabliert werden. Diese größere Organisation kommt oft den Vorstellungen junger Ärzte und Ärztinnen mit der Möglichkeit von Teilzeit- und Teamarbeit eher entgegen und erhöht somit die Chancen, auch junge Ärztinnen und Ärzte für ländliche Räume zu gewinnen. Außerdem ermöglichen sie Spezialisierung und die Delegation insbesondere nicht-ärztlicher Aufgaben. Diese GVZ sollen weitere Gesundheitsanbieter beheimaten (Apotheke, Physiotherapeuten, ambulante Pflege, karitative und sozialkompensatorische Dienste etc.) sowie eine Anlaufstelle für die Bevölkerung für alle gesundheitlichen Belange sein.

Nach oben

Krankenhausstruktur zukunftsfähig machen

Bei den Freien Demokraten besteht kein Zweifel daran, dass Deutschland und auch Hessen dringend eine Reform der Kliniklandschaft benötigt, die sich stärker als heute am Bedarf und an der Versorgungsqualität ausrichtet. Eng damit verknüpft ist auch eine Neubetrachtung der Krankenhausfinanzierung. Im Grundsatz hat sich das 2004 eingeführte Fallpauschalensystem bewährt, da dieses nach dem Grundsatz – gleiches Geld für gleiche Leistung – die ökonomische Vergleichbarkeit der Leistungen von Krankenhäusern ermöglicht. Gleichzeitig hat das Fallpauschalensystem allerdings auch für Fehlanreize gesorgt. Um Einnahmen zu generieren, die ihr wirtschaftliches Überleben sichern, haben Kliniken in den vergangenen Jahren die Anzahl ihrer Behandlungsfälle massiv ausgeweitet. Verstärkt wird diese Problematik durch die Tatsache, dass das Land Hessen den Kliniken nicht ausreichend Mittel für Investitionen zur Verfügung stellt. Um dieser Leistungsausweitung entgegenzutreten und die Krankenhäuser wirtschaftlich auf sicheren Grund zu führen, müssen Krankenhäuser zusätzlich zu den Fallpauschalen auch ihre Vorhaltekosten refinanziert bekommen. Doch bevor Gelder für Vorhaltungen an die Kliniken ausgezahlt werden, muss festgelegt werden, welche Krankenhäuser mit welchem Leistungsangebot an welchem Ort tatsächlich gebraucht werden. Bei der Festlegung dieser Bedarfsnotwendigkeit müssen Qualitätsvorgaben, wie Ausstattung und Spezialisierung, eine ausschlaggebende Rolle spielen. Die Freien Demokraten werden sich daher dafür einsetzen, dass verbindliche Struktur- und Qualitätsvorgaben Teil der hessischen Krankenhausplanung werden.

Nach oben