Hessens Wirtschaft 4.0: innovativ, kreativ, digital
Wir wollen als Bundesland im Herzen Europas wieder Wirtschaftswachstumsland Nummer eins in Deutschland werden. Dazu müssen wir bei der Digitalisierung auch im internationalen Vergleich wieder wettbewerbsfähig werden, den Finanzplatz Frankfurt und den Gründergeist stärken, Bürokratie abbauen und auf eine leistungsfähige und zukunftssichere Infrastruktur und Mobilität setzen. Wir setzen auf den technischen Fortschritt. So wollen wir etwa die Herausforderungen an das wachsende Mobilitätsbedürfnis nicht nur durch den klassischen Individualverkehr befriedigen, sondern setzen auch auf intelligente Mobilitätskonzepte wie selbstfahrende Autos, Carsharing und – stärker als bisher – auf einen modernen öffentlichen Nahverkehr.
Für uns ist die Vielfalt Hessens – eine starke und innovative Industrie über das gesamte Land verteilt, der wichtigste Finanzplatz der EU, vielfältige Logistik in der Mitte des Landes, der zentrale Verkehrshub des Landes, eine starke Kultur- und Kreativwirtschaft – eine Stärke. Wir wollen die Chancen des Ballungsraums mit den Qualitäten unserer ländlichen Regionen verbinden. Hessen 4.0 soll in ganz Hessen gelebt werden. Mit dem internationalen Finanzplatz Frankfurt, dem Flughafen und dem weltweit leistungsfähigsten Internetknoten verfügt Hessen im europäischen Vergleich über besondere Standortvorteile, die wir deutlich stärker zur Geltung bringen wollen.
Arbeitsmarktpolitik und Arbeitsrecht zwischen Digitalisierung und Arbeits-/Fachkräftemangel
Unser Land steht vor großen Herausforderungen. Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt in allen Bereichen. Die Art und Weise, wie wir arbeiten, was wir tun, welche Qualifikationen wir brauchen, und die Berufe, die wir ausüben, sind im Wandel.
Neben der Verbesserung des Bildungssystems und der Stärkung der beruflichen Weiterbildung gehört eine gesteuerte Einwanderung von qualifizierten Fachkräften zu den Säulen unserer Fachkräftepolitik. Denn der Arbeits- und Fachkräftemangel ist heute eine der größten Gefahren für die hessische Wirtschaft. Wir unterstützen daher die Bemühungen der Bundesregierung, ein modernes Einwanderungsrecht mit einem Punktesystem nach kanadischem Vorbild zu etablieren. Wir wollen die hessischen Kommunen bei der administrativen Bewältigung der Zuwanderung unterstützen und die kommunalen Ausländerbehörden entlasten, indem wir eine zentrale Ausländerbehörde für Fachkräftezuwanderung einrichten. Um die offenen Stellen besetzen zu können, müssen wir jedoch auch endlich unsere wichtigste Ressource nutzen – die Köpfe und Begeisterung der Menschen. Wir werden daher die berufliche Bildung stärken und Hürden auf dem Weg dorthin abbauen. Es kommt für uns auf das Talent einer jeden einzelnen Person an und nicht auf ihren Lebensweg. Unnötige Hürden bei Anerkennung und Zugang zu den Ausbildungsberufen wollen wir reduzieren. Wir wollen die Behörden entsprechend ausstatten und Prozesse digitalisieren, damit Anträge schnell bearbeitet werden können. Wir wollen Hessen damit zum Sehnsuchtsort für talentierte, kreative und qualifizierte Menschen aus der ganzen Welt machen. Jeder, der sich zu den Werten des Grundgesetzes bekennt und Leistungswillen mitbringt, soll in Hessen eine gute Zukunft haben können.
Gründerkultur fördern
Viele Innovationen und neue Geschäftsideen beginnen mit der Gründung eines Unternehmens. Wir streben an, Gründungen und Betriebsübernahmen zu erleichtern. Dazu gehört die Förderung einer echten Gründerkultur, in der Scheitern kein Stigma mehr ist. Jeder soll die Chance auf einen Neuanfang haben. Innovationen und kreative Geschäftsideen brauchen den Mut, Dinge auszuprobieren, und die Bereitschaft, Risiken einzugehen. Wir werden deshalb den Gründergeist und die Experimentierlust in den Schulen und Hochschulen fördern, damit Schülerinnen und Schüler sowie Studierende erfahren, dass wirtschaftliche Selbstständigkeit und das Gründen eines Unternehmens eine Chance für jeden ist. Unabhängig davon, ob es um die Gründung eines Start-ups, die Übernahme eines Handwerksbetriebes oder eines anderen Unternehmens geht. Die Gründerkultur sollte daher in den Lehrmaterialien, in der Ausbildung der Lehrkräfte und im Lehrplan entsprechend berücksichtigt werden.
Gründerfinanzierung, Start-ups und Betriebsübernahmen
Wir finden, dass gute Ideen und Konzepte nicht an der fehlenden Finanzierung scheitern dürfen. Deshalb sollen die Instrumente der Wirtschaftsförderung stärker auf die Bedürfnisse von Gründern ausgerichtet werden.
Viele erfolgreiche Unternehmerinnen und Unternehmer werden in den kommenden Jahren altersbedingt ihre Betriebe aufgeben. Die Übernahme eines bestehenden Betriebs ist eine klassische Form der Existenzgründung. Um einen erfolgreichen Betriebsübergang sicherzustellen, Arbeitsplätze zu erhalten und neue Perspektiven zu geben, wollen wir dafür spezielle Förderprogramme auflegen und Beratungsangebote zusammen mit den Kammern ausbauen. Im Rahmen des Hessischen Gründerpreises wollen wir dazu eine Kategorie für gelungene Unternehmensnachfolge etablieren, um für das Thema angemessen zu sensibilisieren. Bestehende Beratungsangebote zum Nachfolgeprozess wollen wir sowohl für die „abgebende“ Generation als auch für potenzielle Nachfolger stärken.
Im Bereich der Digitalwirtschaft spielen Start-ups eine zentrale Rolle. Bisher gehört Hessen nicht zu den führenden Start-up-Regionen. In zahlreichen relevanten Statistiken zur Start-up-Branche ist Hessen in den vergangenen Jahren abgerutscht und daher allenfalls Mittelmaß. Laut EY Start-up-Barometer fließen nach Berlin mehr als fünfundvierzig Mal mehr Investitionen als nach Hessen. Dieser Rückstand hat sich in den vergangenen fünf Jahren nochmals verstärkt. Unser Land droht abgehängt zu werden. Das wollen wir ändern.
Wir wollen dazu Bürokratie abbauen, digitale Angebote der öffentlichen Verwaltungen stärken, mehr Venture-Capital zur Verfügung stellen, eine landesweite Gründungsstrategie auf den Weg bringen, Gründungsstipendien ausbauen und in den Schulen und Hochschulen ein gründungsfreundliches Klima schaffen.
Center of Innovation
Um innovative Entwicklungen auch außerhalb der Ballungsräume zu unterstützen, wollen wir regionale Center of Innovation als Leuchttürme der Gründung und Digitalisierung etablieren. Die Center sollen drei Säulen vereinen: die Förderung von Gründern und Spin-offs aus dem Umfeld von Hochschulen (1. Säule), die Unterstützung von kleinen und mittelständischen Unternehmen bei der Umsetzung innovativer und digitaler Prozesse und Technologien (2. Säule) und die Integration innovativer und digitaler Themen in die berufsorientierte Aus- und Weiterbildung (3. Säule). Damit wollen wir jungen Menschen Perspektiven für neue Technologien und Gründungen in der Region aufzeigen.
In den Center of Innovation soll über die klassischen Grenzen hinweg gelernt, geforscht und gearbeitet werden. Sie sind für den Auszubildenden genauso offen wie für einen erfahrenen Facharbeiter, der eine neue Programmiersprache für vernetzte Industriemaschinen lernt, oder für eine Studentin, die an einem Projekt für Fahrzeugsensoren arbeitet. Durch eine enge Kooperation mit Schulen, Berufsschulen, Berufsakademien und Hochschulen sollen jungen Menschen in der Region Perspektiven geboten werden.
Leitbild „One-Stop-Shop“ – weniger Bürokratie, mehr Innovationen
Die bürokratischen Anforderungen für Gründer und Unternehmen wollen wir auf ein Mindestmaß reduzieren. Der Kontakt zwischen Gründern, Unternehmen und Behörden soll im Sinne des One-Stop-Shop-Prinzips gestaltet werden, sodass Anträge, Formulare und Daten nur einmal digital erfasst werden. Das spart Zeitaufwand und Kosten für Unternehmen und für die öffentliche Hand. Das Instrument des einheitlichen Ansprechpartners als Lotsen durch die öffentliche Verwaltung wollen wir stärken und ausbauen.
Bürokratie- und Digitalcheck durch Landesrechnungshof einführen
Jedes Gesetz schafft Bürokratie und jede Ausnahme sowie jeder Sondertatbestand erhöht den Aufwand zusätzlich. Wir wollen nach dem Vorbild anderer Länder die Aufgaben des Landesrechnungshofes so erweitern, dass er Gesetze und Vorschriften regelmäßig bezüglich ihres Bürokratieaufwandes überprüft und Vorschläge für Vereinfachungen und Digitalisierung macht.
Open Data – Mehrwert für Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft und Verwaltung
Wir wollen eine Open-Data-Strategie für Hessen. Open Data bedeutet Daten der Verwaltung, aber auch Daten von öffentlichen Unternehmen, die nicht auf Personen oder Unternehmen bezogen sind, in maschinenlesbarer Form frei zugänglich zu machen. Das führt zu mehr Transparenz und größeren Möglichkeiten der öffentlichen Teilhabe. Unternehmen können aus öffentlich zugänglichen Daten wertvolle Informationen gewinnen, die einen Mehrwert für Kunden und Beschäftigte bringen. Beispielsweise lassen sich lange Genehmigungszeiten für Schwerlasttransporte, die mitunter zu monatelangem Stillstand in Fabriken führen, drastisch verkürzen, wenn die verfügbaren Informationen aller beteiligten Behörden von Land und Kommunen über Straßen, Brücken und Baustellen in digitaler Form zusammengeführt werden und Speditionen darauf aufbauend ihre Routen planen könnten. Auch die Verwaltung würde deutlich entlastet, weil die digital eingereichten Unterlagen digital geprüft und genehmigt werden könnten. Wir wollen überdies prüfen, ob und in welcher Weise Daten von Unternehmen in öffentlicher Hand, wie etwa Verkehrsverbünden, auch in eine Open-Data-Strategie eingebunden werden können.