Interview mit Alexander Müller, MdB

1. Hallo Herr Müller. Vorab die Frage: Wie war Ihre erste Rede im Deutschen Bundestag?

Ich war natürlich ziemlich nervös, live im Fernsehen übertragen zu werden ist eine andere Hausnummer als der Kreistag Rheingau-Taunus. Inhaltlich hatte ich mich gut vorbereitet, aber ich habe alles abgelesen, was ich sonst nie mache.

2. Sie haben über den Atomwaffenverbotsvertrag gesprochen. Glauben Sie an eine komplett atomwaffenfreie Welt?

Ich wünsche sie mir. Aber solange es Präsidenten wie Kim Jong-Un oder Wladimir Putin gibt, ist die abschreckende Wirkung weiter notwendig. Würden wir auf Null abrüsten, könnte Russland das als Einladung interpretieren, sich noch weiter in Osteuropa auszubreiten.

3. Sie haben Menschenrechtsverletzungen in Russland und Nordkorea als Gründe genannt, warum auf nukleare Abschreckung nicht komplett verzichtet werden kann. Widerspricht das nicht den Zielen des Atomwaffenverbotsvertrags?

Grund sind die aggressiven Völkerrechtsverletzungen aus diesen Ländern heraus. Gäbe es keine atomare Abschreckung, könnte man nicht seriös vorhersagen, zu was Aggressoren alles fähig wären. Ja, es widerspricht natürlich dem Verbotsvertrag, es macht die Welt trotzdem sicherer als sie jetzt ist.

4. Welche Rolle sollte Deutschland im Bemühen um eine Weiterentwicklung des Atomwaffenverbotsvertrags spielen?

Deutschland sollte sich um die Weiterentwicklung von Abrüstungsabkommen bemühen, bei denen die Atommächte mit am Tisch sitzen. Beim Verbotsvertrag verhandeln ja nur atomwaffenfreie Länder. Wenn man etwas erreichen will, muss man diejenigen im Boot haben, die letztendlich abrüsten sollen. Also sollte man besser den Sperrvertrag weiter verhandeln, den INF-Vertrag sichern, oder ein START-Nachfolgeabkommen initiieren.

5. Ist die Welt in Zeiten von Trump, Putin, Erdogan unsicherer geworden oder hat sich nur unsere subjektive Wahrnehmung von Sicherheit verändert?

Ich erinnere mich noch gut an den Kalten Krieg, in dessen Endphase ich meinen Wehrdienst abgeleistet hatte. Ich empfand die Gefahr einer militärischen Auseinandersetzung damals wesentlich höher als heute, weil es einen Wettkampf um eine vorherrschende Gesellschaftsordnung gab. Die von Ihnen genannten Präsidenten wollen zwar ihren jeweiligen Einfluss ausdehnen, aber diesen ideologischen Wettkampf um die Weltherrschaft gibt es nicht mehr. Deshalb ist es heute viel sicherer.