Humanitäre Migration effizienter verwalten und Asylverfahren beschleunigen
Wir Freien Demokraten wollen die Verwaltungsverfahren im Bereich der humanitären Migration bei einer Bundesbehörde konzentrieren, sodass Asylverfahren, aufenthaltsrechtliche Maßnahmen sowie Abschiebungen einheitlich und effizient
durchgeführt werden (1.). Daneben wollen wir die Gerichtsverfahren in Asylsachen beschleunigen, damit schneller Klarheit über Bleibeperspektiven erreicht wird (2.). Auf europäischer Ebene wollen wir, dass sich Deutschland für weitere Reformen des Gemeinsamen Europäischen Asylrechts einsetzt und wir die Mitgliedstaaten mit Außengrenzen aus eigenem Interesse stärker finanziell sowie personell unterstützen (3.).
1. Schaffung einer Bundesbehörde für humanitäre Migration
Der Umgang mit humanitärer Migration ist in der Europäischen Union und im besonderen Maße in Deutschland überreguliert. Wir haben uns in einem höchst komplexen Mehrebenensystem zwischen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, kommunalen Ausländerbehörden und Regierungspräsidien verheddert. Das führt zu langen und ineffizienten Verfahren und kann im schlimmsten Fall Abschiebungen vereiteln. Wenn unterschiedliche behördliche Kompetenzen die Bleibeperspektive von Ausländern ohne Grund erhöhen, besteht erheblicher Reformbedarf. Wir Freien Demokraten wollen dieses bürokratische System entflechten, indem wir die Zuständigkeit bei einer Bundesbehörde konzentrieren.
Das Asylverfahren selbst ist aus dem Exekutivföderalismus herausgelöst: Eine Bundesbehörde führt im ganzen Bundesgebiet über ihre Außenstellen die Asylverfahren durch. Hingegen werden die sich anschließenden
aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen von den kommunalen Ausländerbehörden durchgeführt. Für mögliche Abschiebungen sind dann wieder die Regierungspräsidien zuständig, die durch die Landespolizei und Bundespolizei unterstützt werden. Im Ergebnis führen Sachbearbeiter von Behörden aller staatlichen Ebenen jeweils Verfahrensakten.
Zur effizienten Durchsetzung der Regeln zur humanitären Migration wollen wir Freie Demokraten Verwaltungsverfahren, die von zentralen Stellen geführt werden. Nur so wird verhindert, dass Informationen in verschiedenen Verwaltungsebenen versickern und die eine Hand des Staates nicht weiß, was die andere Hand tut. Das gesamte Verfahren kann vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge über seine Außenstellen geführt werden, das nach Art. 87 Abs. 3 GG um eine Vollzugsabteilung erweitert wird. Dort kann die Expertise aus den Asylverfahren auch für das ausländerrechtliche Verfahren genutzt werden. Dieses Bundesamt soll dann für Abschiebungen auf die Bundespolizei zugreifen können, deren Zuständigkeit dafür ausgeweitet werden muss. Mit der Zentralisierung auf das Bundesamt vermeiden wir zudem eine unterschiedliche Abschiebepraxis in den Ländern je nach politischer Agenda. Wir wollen eine im Verwaltungsverfahren erkennbare Trennung zwischen humanitärer Migration und Arbeitsmigration, für die weiterhin die Ausländerbehörden zuständig bleiben. Sie bringen die notwendigen Ortskenntnisse mit und können Fachkräftebedarf beurteilen. Die Ausländerbehörden können sich so auf ihre Arbeit als dienstleistungsorientierte „Willkommensbehörde“ für ausländische Fachkräfte konzentrieren, die auch für Ausländer aus humanitärer Migration bei erfolgreichem Spurwechsel zuständig werden.
2. Beschleunigung gerichtlicher Asylverfahren
Im Durchschnitt dauern Gerichtsverfahren gegen Asylbescheide deutschlandweit in der ersten Instanz über 20 Monate. Bund und Länder haben sich 2023 darauf geeinigt, dass diese Verfahren zukünftig nur noch drei bis sechs Monate dauern
sollen. Zielvorgaben ohne begleitende Maßnahmen helfen jedoch nicht. Deshalb wollen wir Freie Demokraten folgende Änderungen in den Verfahrensregeln:
- Über Klagen nach dem Asylgesetz soll das Gericht bei unzulässigen und offensichtlich unbegründeten Anträgen sowie in Dublin-Verfahren grundsätzlich im schriftlichen Verfahren entscheiden. Eine mündliche Verhandlung soll dann nur auf eine im Ermessen des Gerichts stehende Anordnung erfolgen, etwa weil der zuständige Richter den persönlichen Eindruck vom Kläger oder eine Beweisaufnahme für erforderlich hält.
- Die Gerichtskostenfreiheit für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz soll abgeschafft und eine Vorschusspflicht eingeführt werden.
- Asylfolgeverfahren sollen auf eines pro Person begrenzt werden.
- Der Kreis der sicheren Herkunftsstaaten soll erweitert werden.
Wir Freien Demokraten sind davon überzeugt, dass rechtsstaatliche Asylverfahren in den oben genannten Fallgruppen auch im schriftlichen Verfahren unabhängig von der Zustimmung der Beteiligten möglich sind. In diesen Konstellationen wird im Wesentlichen um Rechtsfragen gestritten. Zudem wurde jeder Asylkläger bereits im Verwaltungsverfahren mündlich angehört. Diese Anhörung kann Grundlage der behördlichen, in den oben genannten Fallgruppen aber auch der gerichtlichen Entscheidung sein. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass aus der Verfassung kein Anspruch auf eine mündliche Verhandlung folgt. Auch das EU-Recht sieht für Asylverfahren nur eine Anhörung des Ausländers zwingend vor, die nicht vor einem Richter, sondern auch im Verwaltungsverfahren erfolgen kann.
Klagen nach dem Asylgesetz sind in Deutschland gerichtskostenfrei. Dies ist nicht allein sozialstaatliche Wohltat, sondern auch dem Umstand geschuldet, dass sich in der Praxis bereits 1993 das Eintreiben der Gerichtskosten als zeit- und personalaufwändig erwies und häufig erfolglos blieb. Die finanziellen Möglichkeiten von Asylbewerbern haben sich aber seitdem geändert und nicht selten werden Anwälte als Prozessvertreter durch die Kläger bezahlt. Dennoch bleibt das Klageverfahren, egal wie aussichtslos es auch ist, kostenlos. Wir Freien Demokraten fordern, dass entsprechend der Regelung bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gerichtliche Tätigkeiten in Asylsachen – beginnend mit der Klagezustellung – von Vorauszahlungen abhängig gemacht werden. Die verfassungsrechtlichen Garantien für effektiven Rechtsschutz erfordern nicht, dass dieser kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Das Kostenrisiko des Verfahrens kann deutlich vor Augen geführt werden, um so unnötige Prozesse zu verhindern. Ausgenommen sind die Fälle, in denen Prozesskostenhilfe gewährt wird. Zwar ist eine Vielzahl solcher Anträge zu erwarten, deren Bearbeitung jedoch deutlich weniger Zeit in Anspruch nimmt, sodass wir vom Beschleunigungspotential dieser Maßnahmen überzeugt sind.
Asylfolgeverfahren, die nach der Entscheidung über das Asylgesuch eingetretene Umstände berücksichtigen, werden häufig missbraucht und nicht selten mehrfach durchgeführt, um die Abschiebung zu verhindern. Die Möglichkeit, lediglich ein einziges Folgeverfahren durchführen zu können, erscheint unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten als ausreichend.
3. Gemeinsames Europäisches Asylsystem
Wir Freien Demokraten wissen, dass alle kurzfristige Maßnahmen zur Straffung der Verwaltungsverfahren und Beschleunigung der Gerichtsverfahren, aber auch Leistungskürzungen, Grenzkontrollen oder Zurückweisungen keine langfristigen Strukturreformen auf EU-Ebene ersetzen. Die EU hat sich mit dem neuen Gemeinsamen Europäischen Asylsystem anpassungsfähig gezeigt. Wir wollen die rechtlich auch nach der EMRK zulässigen Asylverfahren an den Außengrenzen – bevor es zu einer Einreise kommt – zum Gelingen bringen und auf alle Asylantragsteller ausweiten. Zur Zeit ist dies nur für Antragsteller aus Ländern vorgesehen, deren Schutzquote bei 20 Prozent oder darunter liegt.
Deutschland soll die Mitgliedstaaten mit Außengrenzen finanziell und personell bei der Durchführung der Asylverfahren an ihren Grenzen sowie der Grenzsicherung stärker unterstützen. Für das Gelingen dieser Reformen ist eine massive Stärkung der EU-Grenzagentur Frontex notwendig. Weil innereuropäische Grenzkontrollen dem europäischen Geist widersprechen, wollen wir sie auf Ausnahmesituationen begrenzen. Um illegale Einreisen und Schleuserkriminalität einzudämmen, soll hingegen im grenznahen Bereich verstärkt das Mittel der Schleierfahndung eingesetzt werden, die europäisch zu koordinieren oder sogar umzusetzen ist. Auch hier könnte Frontex grenzüberschreitend die Polizei aller Mitgliedstaaten unterstützen, damit Grenzkontrollen keine nationalen Alleingänge bleiben.
Darüber hinaus fordern wir Freie Demokraten, dass Ausländer nur noch einen Asylantrag in der gesamten EU stellen dürfen. Die Praxis, Zweitanträge in anderen EU-Mitgliedsstaaten zu stellen, muss dauerhaft beendet werden. Viele
Ausländer durchlaufen mehrere Asylverfahren in der EU, weil Mitgliedstaaten zuständig werden, wenn eine Überstellung in den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat nach sechs Monaten – wie so häufig – erfolglos bleibt.
Wir sind davon überzeugt, dass mehr Migrationsabkommen zur Rückführung abgelehnter Asylbewerber abgeschlossen werden können, wenn damit auch legale Einreisemöglichkeiten geschaffen werden, die Arbeitskräfte ebenso umfassen
können wie Flüchtlinge. Die Schaffung effektiver und sicherer Wege in europäische Asylverfahren sind gleichzeitig ein Weg zur Sicherung der Außengrenzen, denn härtere Grenzsicherungsmaßnahmen können bei legalen Einwanderungsmöglichkeiten besser gerechtfertigt werden. Asylbewerber können dann allein auf diese legalen Einwanderungsmöglichkeiten auch zur Stellung eines Asylantrags verwiesen werden.